204 Lehrer-Bildungsanstalten: IX. Naturkunde.
Entwicklung des Erdkörpers und die geographische Verbreitung der Pflanzen und Thiere
darzulegen.
Bei der Reifeprüfung, welche die Lehramts - Candidaten zum Schlüsse
des vierten Jahrganges abzulegen haben, müssen sich dieselben aus diesem
Gegenstände einer schriftlichen und mündlichen Prüfung unterziehen.
Das Gesetz vom 14. Mai 1869 nennt als obligaten Gegenstand für die
Lehrer-Bildungsanstalten auch die Landwirthschafts-Lehre mit besonderer
Rücksicht auf die Bodencultur-Yerhältnisse des Landes. (An den Lehrerinnen-
Bildungsanstalten ist hiefür die Haushaltungskunde vorzunehmen.)
Eine "V erordnung vom 12. Juli 1869 formulirt das Lehrziel folgender-
massen:
1. Landwirtschaft: „Bekanntschaft mit den wichtigsten Lehrsätzen über den
Boden und Dünger und die Ernährung der Pflanzen und Thiere, mit besonderer Hinweisung
auf die Bodencultur-Verhältnisse des Landes, Kenntniss der wichtigsten Ackerbau- und
Forstwirthschafts-Systeme und ihrer national-ökonomischen Bedeutung.
Die Verordnung vom 19. Juli 1870 bestimmt in dieser Beziehung Nach
stehendes:
Ziel: Bekanntschaft mit den wichtigsten Lehren über die Fütterung, Aufzucht und
Mästung der landwirtschaftlichen Säugethiere, über die Grundzüge der rationellen Fisch-,
Seiden- und Bienenzucht, über die Bodenbeschaffenheit, Düngung, den Anbau wichtiger
Culturgewächse und die dabei verwendeten Geräte.
III. Classe, 2 Stunden. Allgemeine Uebersicht der volkswirtschaftlichen Thätigkeit
mit besonderer Berücksichtigung der laüd- und forstwirtschaftlichen Production. Viehzucht,
Zucht und Pflege des Rindes, Pferdes, des Jung- und Kleinviehes nach physiologischen
Grundsätzen, Allgemeines über Fisch-, Seiden- und Bienenzucht mit praktischen Uebungen
ausserhalb der Schulstunden.
IV. Classe, 2 Stunden. Bodenkunde, Uebersicht der Bodenverhältnisse der öster
reichisch-ungarischen Monarchie; Klimatologie; Düngerlehre eingehend. Pflanzenbau, land
wirtschaftliche Geräte, Anbau der Cerealien, Futter- und Knollengewächse, Obstbaumzucht.
Praktische Uebungen im Schulgarten ausserhalb der Schulstunden.
2. Lehrmittel.
Lehrmittel für Lehrer-Bildungsanstalteix waren in der Ausstellung sehr
spärlich vorhanden, was wohl seinen Grund in der kurzen Dauer der gegen
wärtigen Einrichtung dieser Anstalten hat. Nur die k. k. Staatsanstalt
für Bildung von Lehrerinnen in Wien brachte Nennenswerthes und Neues.
Es sind diess die anatomischen Modelle von Theilen des menschlichen Kör
pers von Dr. Bock in Leipzig, welche sich ihrer zweckentsprechenden Herstellung,
ihrer grossen Naturtreue und dabei des billigen Preises wegen, bald das Terrain
in unseren Mittelschulen erwarben. Es waren auch wohl ähnliche französische
Fabrikate aus Papiermache, die naturgetreuer und dauerhafter, aber ihres
hohen Preises wegen nur den wenigsten Schulen zugänglich sind, in Gebrauch.
Ferner legte sie eine Sammlung botanischer Modelle von R. Brendel in
Breslau vor, welche die Keimung und Blüthen der Gefässpflanzen vorstellen,
und worunter jene, welche Durchschnitte der Blüthe versinnlichen oder zerleg
bar sind, sich für den Massen-Unterricht schon der Zeitersparniss wegen als