1. Gesetzliche Bestimmungen für Gymnasien.
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des Untergymnasiums eine selbstständige Behandlung in besonderen
Lehrstunden zu theil, und zweitens wird die dem geographisch-historischen
Lehrfache bisher gewidmete wöchentliche Stundenzahl (je drei in jeder Classe)
in der II. und IV. Classe des Untergymnasiums, und in der I. Classe des
Obergymnasiums um je eine Stunde Termehrt, so dass dem geographischen
Unterrichte im Untergymnasium nunmehr in der I. Classe drei, in der II. und
III. Classe je zwei, in der IV. Classe im 2. Semester vier wöchentliehe Lehr
stunden zukommen. Zugleich wurde jeder Classe ein bestimmtes geographisches
Pensum zugewiesen, so dass der Lehrplan für die Geographie am Untergym
nasium sich nach dieser Verordnung in folgender Weise gestaltet:
Lehrziel: Kenntniss der Erdoberfläche nach ihren wichtigsten natürlichen und
politischen Abgrenzungen und Umrissen mit besonderer Hervorhebung der österreichisch
ungarischen Monarchie.
I. Classe, 3 Stunden.
Fundamentalsätze der mathematischen Geographie, so weit dieselben zum Verständ
nisse der Karte unentbehrlich sind und in elementarer Weise erörtert werden können.
Beschreibung der Erdoberfläche mit Bezug auf ihre natürliche Beschaffenheit und die all
gemeinen Scheidungen nach Völkern und Staaten. Das Kartenlesen und Kartenzeichnen.
II. Classe, 2 Stunden.
Specielle Geographie von Asien und Afrika. Eingehende Beschreibung der verticalen
und horizontalen Gliederung Europa’s und seiner Stromgebiete, stets an die Anschauung
und Besprechung der Karte geknüpft; specielle Geographie von Süd- und West-Europa.
III. und IV. Classe, 1. Semester, 2 Stunden.
Specielle Geographie des übrigen Europa (mit Ausschluss der österreichisch-ungari
schen Monarchie), dann Amerika’s und Australiens.
IV. Classe, 2. Semester, 4 Stunden.
Specielle Geographie der österreichisch-ungarischen Monarchie.
Für die Vertheilung des Lehrstoffes war hier massgebend die Reihenfolge,
in welcher der historische Lehrstoff in den einzelnen Classen zur Behandlung
kommt, indem ln der II. Classe die Geschichte des Alterthums, in der
III. Classe jene des Mittelalters und in der IV. Classe die Neuzeit in übersicht
licher Weise vorgenommen wird.
Wie bereits früher bemerkt wurde, hatte sich — dem Zwange der Ver
hältnisse folgend — schon längst an den meisten Gymnasien die Uebung
herausgebildet, den geographischen Lehrstoff in besonderen Lehrstunden zu be
handeln, nur geschah diess je nach dem Gutdünken des betreffenden Fachlehrers
und daher nicht in der, den Interessen des öffentlichen Unterrichtes entsprechen
den gleichartigen Weise. Die Ministerial-Verordnung vom 12. August 1871
bezeichnete daher in dieser Beziehung nicht so sehr eine Neuerung, als dass
sie vielmehr nur das bereits zur allgemeinen Uebung Gewordene regelte.
Die intensivere Behandlung der Geographie am Untergymnasium lässt er
warten, dass am Obergymnasium, wo die Geographie als selbstständige
Lehrfach vorläufig noch keinen Platz findet und die Geschichte in den Vorder
grund tritt, ohne Beeinträchtigung der Letzteren das geographische Wissen jene
Pflege erhalten kann, welche eine genügende Ausbildung der Abiturienten in
demselben sichert. Hier wird zunächst die politische Geographie zur speeiellen