2. Ausstellungsobjecte.
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Rücksicht auf Baukunst und Mechanik ist die selbstständige Gewerbeschule
im vierten Bezirke Wiens, deren Schülerarbeiten zunächst besprochen werden
sollen. Eine Fülle von gelungenen Entwürfen aus dem Bau- und Maschinen
fache liegt vor und zeigt die Endziele des Gesammt-Unterrichts, während die
vielen ausgestellten Arbeiten eines und desselben Schülers den richtigen und
methodischen Lehrgang in schöner Weise veranschaulichen. Auf alle Fälle ver
dient diese Gewerbeschulrichtung, welche das Hobeln und Ziegelkleistern
nicht in das Schulzimmer verpflanzt, dabei aber den praktischen Bedürfnissen
des Gewerbes vollkommen Rechnung trägt, den Vorzug. Desshalb freuen wir
uns doppelt über die mustergiltige Ausstellung dieser ausgezeichneten Anstalt
und bedauern nur, dass Oesterreich nicht mehr solcher selbständigen Gewerbe
schulen (Specialschulen) besitzt, um der vaterländischen Industrie die gewünschte
.Kräftigung angedeihen zu lassen.
Auch die ausgestellten Modelle für darstellende Geometrie, die wir für
Realschulen in solcher Ausdehnung nicht empfehlen würden, müssen als für
Gewerbschulen sehr gut und passend bezeichnet werden, da die Gewerbschüler
im Allgemeinen mit geringeren geometrischen Kenntnissen ausgerüstet, die
Schule betreten. Es sind Drahtmodelle mit durch Holztafeln dargestellten Bild
flächen.
Die Märtens’sche Baugewerb-Schule in Wien hat Zeichnungen und
Entwürfe zur Ausstellung gebracht, die wir schon im Schulgebäude der Anstalt
selbst sahen, und welche schon mehrfach in den Zeitungen belobt wurden. Die
Privatschulen im Allgemeinen und insbesondere die Gewerbschulen haben mit
Rücksicht auf den Lehrer- und Wohnungsmangel einen harten Stand, woraus
sich manche Eigenthümlichkeiten im Lehrplane dieser Anstalten erklären. Ob
wohl wir der Organisation der Märtens’schen Schule alle Anerkennung zollen,
können die Resultate selbstverständlich nicht mit jenen der früher genannten
Schule verglichen werden, wie es manchmal von publicistischer Seite geschieht,
da beide Anstalten mit wesentlich verschiedenen Mitteln arbeiten und in ihrer
Organisation nicht übereinstimmen.
Weitere Beachtung verdient die Manufactur- und Zeichenschule
Gumpendorf in Wien. Es sind Vorlagen aus der Webeschule von Herzig
nnd Anti, ferner aus der Tritt- und Maschinenweberei von Przindisch vor
handen, die Mustergiltiges enthalten und für die Entwicklung des Gewerbe
zweiges von hoher Wichtigkeit sind. Die Freihandzeichnungen verfolgen
decorative Richtungen und sind durch manche schöne Muster bemerkens-
werth.
Von der gewerblichen Fortbildungsschule für Mädchen des VII.
Bezirkes (Zieglergasse) in Wien sind recht hübsche Zeichnungen ausgestellt.
Namentlich ist der gute Lehrgang zu loben, wobei das an Mädchenschulen be
sonders florirende Bildchenmachen vermieden ist, dafür aber die Contur in ihre
Rechte tritt.
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