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EINFÜHRUNG
Die hier zur Schau gestellten ostasiatischen Bilder stammen im
wesentlichen aus dem Besitz von Raphael Petrucci, dem bedeu
tenden italienischen Gelehrten, Philosophen und Künstler, der in
Paris und Brüssel schon seit Beginn des 20. Jahrhunderts ost
asiatische Gemälde gesammelt hat. Nach seinem Tode erwarb Baron
Eduard von der Heydt diese Sammlung und stellte sie zuerst im
Hause Yi Yüan in Amsterdam aus. Im Jahre 1925 wurden die
Bilder durch die Galerie Kleykamp in Amerika gezeigt und im
Winter 1934/35 im Kunstgewerbemuseum in Zürich. Aus dieser
Sammlung, die von der Heydt noch durch verschiedene Neuerwer
bungen bereichert hatte, kam der größte Teil der chinesischen Bilder
im vergangenen Jahre als Leihgabe nach Genf, während die japa
nischen und einige chinesische Bilder nunmehr in Wien zur Auf
stellung gelangten.
Beide Kunstfreunde hatten nicht die Absicht, ihre Sammlung nach
entwicklungsgeschichtlichen Gesichtspunkten aufzubauen, doch kann
man die Bilder ihrem Gegenstände nach in verschiedene Gruppen
gliedern und innerhalb dieser Gruppen Stilveränderungen fest
stellen. Die ältesten Werke der Sammlung gehören der buddhisti
schen Vorstellungswelt an; die Amidalehre, durch welche die
strenge Auffassung von dem weltenfernen Buddha der Frühzeit all
mählich verdrängt worden war, hatte zur Entstehung von Bildern
geführt, in welchen Amida mit seinen Begleitern als Erlöser aus
dem Paradiese zu den Menschen herabsteigt. Den Uebcrgang von
der älteren, noch streng hieratischen Auffasstmg, zeigt Nr. 1, wäh
rend spätere Bilder, wie Nr. 3 und 4, auf welchen der Buddlia
in festlicher Aufmachung mit vielen seiner himmlischen Begleiter
gegeben ist, den Gläubigen schon die Freuden des Paradieses ahnen
lassen. Der künstlerische Ausdruck wird in diesen Kultbildern
unterstützt durch eine bis zum feinsten gesteigerte malerische Avis
führung. Einem anderen Vorstellungskreis des buddhistischen Glau
bens gehört der machtvolle Bodhidharma Nr. 2 an; hier gibt der