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steiferen und roheren Formen des einen auf das andere
übertragen, welche die allerfeinste Gliederung und
Durchführung des' Profils zulässt und unter Umständen
natürlich auch erfordert. Die Sache ist um so verkehr
ter, wenn die russischen Formen, wie wir es häufig
sehen, sich mit dem Naturalismus vermischen. So be
findet sich in der reichen Ausstellung von Owtschinni-
koff in Moskau eine derartige streng russisch geformte
Schale, getragen von einem naturalistisch geformten
Eichbaum, um welchen Knaben in freien, runden Fi
guren herumspielen, und dieser Eichbaum ruht wieder
auf einem conventionell russisch geformten Fuss.
Das Holz, der nationale Stoff der russischen
Bauernkunst, hat aber noch in anderer Weise der
modern nationalen Goldschmiedekunst helfen müssen:
es hat ihr auch sein Ornament gegeben. Die russische
Holzarchitektur*) ist rings mit einem aus Brettern aus
gesägten, meist in geraden Linien gitterartig gehaltenen
Ornament umgeben, das entweder durchbrochen oder
farbig gehalten ist. Sein Charakter ist nicht ohne
Eigenthümlichkeit und unterscheidet sich leicht von
der sonst ähnlichen Verzierung der Schweizerhäuser.
Dieses Ornament ist nun in ausserordentlich reicher
Anwendung auf Gold und Silber, auf Gefässe und Ge-
räthe wie Schmuckarbeiten, übertragen und hier ent
weder in Gravirung oder durchschnitten, besonders
*) Man vergleiche das russische Bauernhaus auf der Aus
stellung, sowie das Haus, in welchem sich die russische Restau
ration befindet. Gerold’scher Plan, Zone I. 3i.