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gnügen zum Ansehen — aber die Verzierung zeigt in
keiner Weise eine Neigung, auf die wahrhaft pracht
vollen Seiden- und Sammtstoffe der Genueser und
Venezianer aus dem sechszehnten und siebzehnten Jahr
hundert zurückzugehen, während doch die gleichzeiti
gen Möbel so überaus zahlreich und auch glücklich
nachgeahmt werden. Statt dessen sehen wir überall
moderne Blumen oder die Ornamentation des acht
zehnten Jahrhunderts, wie sie unter dem zweiten Kai
serreich in Frankreich Mode geworden. Und wie weit
stehen sie hinter den genuesischen und venezianischen
Fabricaten zurück! Ebenso tragen die Posamentier
arbeiten von Schnüren, Besatz und Quasten und was
sonst zur Vervollständigung jener Seidengewebe gehört,
den unnatürlichen, überkünstlichen, oft ganz architek
tonischen Charakter, wie er heute Mode ist. Noch
schlimmer steht es mit den kirchlichen Gewändern
nach Stoff und Stickerei, die unverändert jene ordinäre,
unter der Herrschaft des Jesuitenstils entstandene Ver
zierungsweise zeigen, die sich aus wilden Ornamenten
von Gold und Silber mit naturalistischen Blumen da
zwischen zusammensetzt.
Was von Kirchenstoffen ausgestellt ist, zeigt keine
Spur von jener edlen Reform, die jetzt fast überall auf
diesem Gebiete eingetreten ist, und lässt somit auch
gar keine Fortschritte seit der Ausstellung von 1867
erkennen. Auch hier brauchte Italien nur auf seine
noch vielfach erhaltenen Beispiele aus dem 15. und
16. Jahrhundert zurückzugehen. Am auffallendsten viel
leicht erscheint dieser doppelte Charakter der italieni-