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Fast gleich dem Glase erscheint bereits die mo
derne Majolikenfabrication Italiens, wenigstens nach der
Ausstellung zu schliessen, die zahlreiche Theilnehmer
aufweiset. Und doch ist ein grosser Unterschied. Das
venezianische Glas ist längst in den vollen Gebrauch
des Hauses eingedrungen, während alles, was jene
Faienceindustrie schafft, mehr oder weniger noch immer
als Luxusgerath erscheint, wenn auch in sehr ausge
dehnter Weise. So lange das aber der Fall, ist diese
Kunst auch von der Mode abhängig, welche sie heute
von dem Throne stürzen kann, den sie erst gestern
bestiegen. In der Hauptsache ist auch die moderne
Majolica noch immer Nachahmung, wenigstens bei
den Italienern, wenn auch einzelne Fabrikanten, wie
Ginori in Doccia, namentlich in der Bemalung, ne
ben den Copien selbstständig vorzugehen trachten.
Andere dagegen, wie z. B. Castellani, haben es nur
auf möglichst täuschende Wiedergabe der alten und
berühmten Muster abgesehen und es hat darin fast
jeder seine eigene Weise, seine alte Lieblingsfabrik, die
er imitirt. Nur Ginori ist allseitig: von der Mezza-
majolica an und den metallglänzenden Arbeiten Gior-
gio’s von Gubbio bis zu den riesenhaften Vasen der
Fabrik von Urbino und den Meisterwerken eines Ho-
razio Fontana sehen wir fast jedes Genre vertreten,
mitunter vortrefflich gelungen. Doch scheint er sich
auf die eigentliche Majolica zu beschränken und die
späteren weissglasirten Faiencen vom siebzehnten und
achtzehnten Jahrhundert, die jetzt in Frankreich eine
grosse Rolle spielen, ausser Acht zu lassen. Wir
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so