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den Schliff, während das eigentlich geblasene Glas un
mittelbar durch das Gebläse oder mit ergänzenden
Nebenarbeiten fertig aus der Hand des Arbeiters her
vorgeht.
Diese beiden Hauptarten werden nicht beliebig
neben einander geübt, sondern sie sind zugleich Eigen
tümlichkeiten der Länder. Das Land des geblasenen
Glases ist Italien und Venedig ist sein Sitz, während
England und Oesterreich und von letzterem speciell
Böhmen das geschliffene Glas vertreten. Die übrigen
Länder bieten nichts Charakteristisches, es sei denn,
dass man für Frankreich, das aber auf der Ausstellung
damit nicht erschienen ist, das geätzte Glas, auf das
wii noch zu sprechen kommen, in Anspruch nehmen
wollte, so wie für Russland die orientalisirenden Gläser
mit Emailfarben. Letztere sind bis jetzt aber nur
Spielart, ebenso ist es auch mit den emaillirten deut
schen Gläsern, die heute in Böhmen mehr als Curio-
sität oder Abart imitirt werden.
Das englische und das böhmische geschliffene oder
Krystallglas scheiden sich aber stofflich und auf dem
Unterschiede des Stoffes beruhen wieder verschiedene
künstlerische Richtungen, so dass wir besser von drei
Hauptarten zu reden haben, von der venezianischen,
der böhmischen und der englischen.
Das geblasene Glas, obwohl seine Procedur eben
so sinnreich wie einfach erscheint, ist wohl die älteste
uns bekannte Art. Auf alten ägyptischen Wandmale
reien, mehrere tausend Jahre vor Christi Geburt, sehen
wir bereits die Glasbläser mit ihren langen Pfeifen