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Profil, als das griechische Thongefäss besitzt, dessen
Contour sich meist in einer einzigen fliessenden, unge
brochenen Linie bewegt. Dazu kommt, dass die Renais
sanceformen unserem Gebrauche bequemer sind; fast
unsere wichtigste Form, die des Stengelglases, war dem
griechischen Gebrauch, der zum Trinken die Schale
brauchte, fast unbekannt, während die Krystalle und
die venezianischen Gläser des 16. Jahrhunderts darin
die mannigfachsten und die reizendsten Bildungen dar
bieten. So sind auch die Engländer gezwungen ihr
Stengelglas zu ihren griechischen Flaschen und Kannen
zu stellen, obwohl sie in seiner Bildung keineswegs
besonders glücklich sind, denn die Stengel sind in den
meisten Fällen zu schlank und ohne alle Gliederung,
so dass die halbkugelige Schale und ihr Träger ausser
Verhältniss und Verbindung kommen. Wer die engli
schen Gläser darauf prüft, wird sich leicht davon über
zeugen.
Es geschieht daher mit vollem Recht, wenn das
böhmische Krystallglas sich in erster Linie an die
Renaissanceformen hält und reichlichen Nutzen aus
jenen Bergkrystallgefässen der kaiserlichen Schatzkam
mer zieht, welche ihr durch Vermittlung des öster
reichischen Museums verfügbar wurden. Mit klarem
Bewusstsein geschieht das bisher wohl nur von Ludwig
Lobmeyr (J. und L. Lobmeyr), den wir binnen Kurzem
als den Regenerator des böhmischen Glases werden
betrachten müssen, wie Salviati derjenige des venezia
nischen ist. Mit Vergnügen sehen wir Andere in seine
Bahnen folgen und die alten, verkehrten Ornamenta-