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mit aller Technik, wie sie im eilften und zwölften
Jahrhundert in Uebung stand, mit Filigran, Email und
Nielien. Die Aussteller sind A. Bourdon de Bruyne
in Gent und J. Wilmotte Fils in Lüttich; ihre Arbeiten
haben in der Kunsthalle ihren Platz erhalten, wohin
sie freilich nicht gehören, so sehr sie des Lobes würdig
sind. Hier sind auch die kirchlichen Gewebe und Sticke
reien Belgiens zu finden, einige wenige Arbeiten aus
der Anstalt von Leynen-Hougaerts, ziemlich einfach in
ihrer Art, aber den Charakter des Mittelalters selbst
bis auf die Wirkung der Zeit und ihrer Spuren vor
trefflich nachahmend.
Allein von allen katholischen Staaten, die mit
kirchlicher Kunst auf der Weltausstellung vertreten
sind, hat sich Italien von dieser Reform frei erhalten
und steht noch ganz und gar mit seinen Geweben und
Stickereien in der unedlen, barocken, verzopften und
schreienden Ornamentation des 17. und 18. Jahr
hunderts. Nun ist es wohl nach dem Verlauf der ita
lienischen Kunstgeschichte erklärlich, wenn Italien sich
auch heute der Einführung der Gothik und des roma
nischen Stils widersetzt, zumal wenn auch die bar
barische Unbeholfenheit der Figuren mit in den Kauf
genommen werden soll, aber es hat selber in der Zeit
der Frührenaissance und in der ersten Hälfte des
16. Jahrhunderts so wundervolle Gewebe und Sticke
reien für den Kirchendienst geschaffen, dass es einen
kolossalen Sprung nach vorwärts machen würde, wenn
es sich diese Arbeiten zum Muster nähme. Bis jetzt
ist der Anfang noch nicht gemacht.