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auf den Teppich, indem sie nur das, was dort oben
wirklich plastisch ist, unten plastisch malt. Das ist für
das Auge dasselbe oder soll wenigstens der Intention
nach dasselbe sein. Von dieser Art sind die grössten
li achtstücke der französischen Teppichweberei auf der
Ausstellung aus der Fabrik der Braquenie freres. Der
eine von ihnen imitirt so vollständig einen reichen
Plafond, dass man sich erstaunt fragt, ob er denn
wirklich für einen Fussboden bestimmt ist. Er imitirt
das Gesims, welches den Uebergang von der Wand
zur Decke bildet, bis auf Consolen, Rosetten und Nägel
köpfe nebst Muscheln in den Ecken; er gibt die vielen
Vergoldungen in gelber Bronzefarbe wieder; er stellt
das i eiche Mittelstück wie eine getriebene und ver
goldete Schale dar, die an vier Seiten von weiblichen
Karyatiden mit Blumenkörben auf dem Haupte ge
tragen wird, er enthält ausserdem in Medaillons eine
Reihe cameenartiger Köpfe, umgeben von goldigen
Rahmen, plastisch gehalten wie alles übrige Ornament,
zum 1 heil selbst grau in Nachahmung von Stucco.
Man denke sich das alles auf dem Fussboden, man
denke die Stuhlbeine auf den Köpfen, den Tisch auf
der goldenen Schale stehend, unsern Fuss über die
Karyatiden hinwegtretend, und man wird gestehen
müssen, unser Wohlgefallen kann über diese Wider
sinnigkeit nicht hinauskommen.
In diesen beiden Richtungen steht der französische
Geschmack w'ohl nicht vollständig, aber doch bereits
ziemlich isolirt, selbst seine eigentlichen kunstindustriel
len Hintei sassen, Holland und Belgien, sind von ihm