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Mehr noch als bei Frankreich und selbst in
Deutschland hätten wir erwartet, dass die Mobelfabri-
kation in England in Folge der Reformbestrebungen
des Geschmacks den Zug nach der Renaissance hin ge
nommen hätte. Aber das ist durchaus nicht der Fall.
Schon vor zwei Jahren bemerkten wir auf der Lon
doner Ausstellung, dass nicht die plastische, sondern
die farbige Erscheinung des Möbels die vorherrschende
Richtung sei oder werde, und das bestätigt sich heute.
Die englischen Möbel sind vorwiegend mit Marqueterie
verziert, zum Theil ganz in der Weise vom Ende des
vorigen Jahrhunderts, so z. B. verschiedene Tische und
Kasten bei Holland & Son. Auch einige Füllstücke
bei Morant, Boyd & Blanfoid mit Blumenkörben und
Figuren streifen an die französische Art, obwohl kräf
tiger in der Farbe gehalten. Die meisten Arbeiten in
dieser Art aber sind, von der Technik abgesehen, ganz
unabhängig vom französischen Geschmack und zeigen
ihre eigene Weise.
Die charakteristische Eigenschatt daran ist, dass
sie mit wunderbarer Feinheit, Zartheit und Zierlichkeit
ausgeführt sind, ganz im Gegensatz gegen das, was
wir uns von Jugend auf unter englischem Geschmack
vorgestellt haben, ln dieser Beziehung sind am aul-
fallendsten die Gegenstände für eine Schlafzimmer
oder Boudoir - Einrichtung aus zartgelbem Holz mit
eingelegtem Elfenbein, das wieder in Roth zierliche
Linienornamente erhalten hat. Bei solcher zarten Aus
führung mit dem Nachdruck auf der farbigen Erschei-