Lehrplan von 1753.
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Ordens entledigt hatten, wurde auch die Mittelschule in den Kreis der Reor
ganisationen Maria Theresia’s gezogen. Die Gutachten, welche sie noch während
des österreichischen Successionskriegs über den Stand der Gymnasial- und philo
sophischen Studien zunächst in den Ländern der böhmischen Krone abforderte,
drängten sämmtlich auf Behebung mindestens der auffälligsten Gebrechen. Die
kaiserlichen Resolutionen vom 16. October und 24. November 1747, welche
zum ersten Male Grundsätze einer Einrichtung der humanistischen und philo
sophischen Studien für ganz Oesterreich aufstellten, erwuchsen bald zu einer
allgemeinen „Vorschrift wegen künftiger Einrichtung dieser Studien”,
welche mit dem Schuljahre 1753 in das Leben treten sollte.
Der sechsclassige Gymnasialcurs sollte auch griechische Sprache, Geogra
phie und Arithmetik umfassen. Die Jugend sei nicht mit unnützem Auswendig
lernen zu beschweren, sondern vielmehr in der deutschen und in der eigenen
Muttersprache und in einer netten, richtigen Schreibart zu unterrichten. Ausser
den förmlichen Gymnasien dürfe an keinem Orte und in keinem Kloster weiter
als bis zur „Syntax” und diess nur nach der vorgeschriebenen Methode unter
richtet werden.
Die Lehrer sollten durchgehends erprobte sein und nicht, wie bisher an
den Jesuitenschulen geschah, jährlich gewechselt werden; kein Schüler finde
Aufnahme, welcher nicht die nöthige Vorbereitung besitzt, späterhin unfähig
Befundene seien sofort zu entfernen.
Dem philosophischen Studium wurden nur 2 Jahrgänge gewidmet, so dass
von drei Professoren im I. Jahre Einleitung in die Philosophie, Logik, Meta
physik und Mathematik, im II. Jahre Naturgeschichte, Physik und Ethik (wozu
Moralphilosophie, Rechtsphilosophie und Politik sammt der neu eingeführten
Nationalökonomie gehören) zu lehren seien; doch wurde den Oandidaten der
Theologie das Studium der Mathematik, Naturgeschichte und Physik freigegeben,
wogegen jene des Jus und der Medicin in einem dritten Jahrgange Vorträge
über Geschichte, deutsche Sprache und allgemeine Stylistik besuchen sollten.
Die Vermeidung dialektischen Wortgeprängs und des steten Dictirens waren in
der Instruction besonders betont; die Vorlesebücher sollten mit Beachtung
der neueren wissenschaftlichen Systeme von den Professoren verfasst oder ge
wählt werden. Stifte und Klöster konnten philosophische Studien für die eigenen
Kleriker, jedoch nur nach der vorgeschriebenen Norm, nach den nämlichen
Principien und mit den nämlichen Schulbüchern, erhalten.
Der Eortgang der neuen Studien-Methode, welcher sich selbst die Jesuiten
scheinbar fügten, wurde einer nachdrücklichen Unterstützung der politischen
Landesbehörde anempfohlen, die Vorlegung halbjähriger Berichte nach Wien
angeordnet.
Seit auf diese Art die Herrschaft der Jesuiten in der Mittelschule einen
gewaltigen Stoss erlitten, dauerte der kleine Krieg, zu welchem sich die Staats
behörden und der grösste Thcil der anderen Orden mit dem Säcular - Klerus die
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