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Aufhebung des Jesuiten-Ordens.
Hand reichten, ununterbrochen fort und gipfelte in dem Per gen'sehen Lehr
plane, dessen Angriffe auf die Lehrthätigkeit geistlicher Orden hauptsächlich die
verbreitetste und mächtigste aller kirchlichen Körperschaften im Auge hatten. ’)
Die Aufhebung des Jesuitenordens er öffnete den Studienreformen eine
neue Bahn.
Die ersten Anordnungen nach der Aufhebung mussten sich mit dem Ordens-
Vermögen beschäftigen, welches durch das Cabinetsschreiben vom 17. September
1773 cum onere et commodo auf den Staat übernommen wurde. Da der Lebens
unterhalt der Ordensglieder und die Erhaltung der verschiedenen Ordens-Anstal
ten zunächst die wichtigste Aufgabe des Pondes bildeten, welcher aus dem Jesuiten-
Vermögen hervorging, bezeiehnete man ihn als den Exjesuiten-Pond. Nach
Versorgung der Ordensglieder und Sicherung der vorhandenen Stiftungen und
Verpflichtungen jedoch wurde der Pond mit dem Oabinets-Schreiben vom 25. Juni
1774 als ein zur Verbesserung des Studienwesens erworbener erklärt,
wesshalb allmälig der Karne des Studien-Ponds für denselben aufkam und zu
letzt als der alleinige erschien.
Wenn auf diese Weise auch für die künftighin als Staats - Anstalten fort
bestehenden Mittelschulen pecuniäre Vorsorge getroffen war, so hielt doch
M. Theresia eine Beschränkung in der Zahl der Gymnasien für uner
lässlich. Dazu drängte einerseits der Mangel an Lehrkräften, welchem für ge
raume Zeit nur durch Anstellung von Exjesuiten oder Piaristen abgeholfen werden
konnte, andererseits die Vorliebe, womit sich die Regierung dem Volksschul
wesen zuwandte, und die Befürchtung, eine übergrosse Zahl von Gymnasien
werde dem Ackerbau, Gewerbe und Handel zu viele Kräfte entziehen. 2 ) Die
Seminarien der ehemaligen Jesuiten-Gymnasien konnten bei ihrer geringen
1) Graf Pergen nahm in seinem Lehrplane auf beide Zweige der Mittelschulen, Gymnasien
und Realschulen, Bedacht, schlug zur Heranbildung tauglicher Lehrer, welche er nicht aus irgend
einem Orden genommen wissen wollte, eigene Seminarien vor und statuirte zu genauer Erprobung
der Lehrfähigkeit strenge Prüfungen. Zur Leitung der Seminarien beabsichtigte der Verfasser des
Lehrplanes Gelehrte aus vorgeschritteneren deutschen Landern zu berufen, selbst wenn sie Prote
stanten wären.
2) So erloschen:
in Oesterreich unter der Enns: Wr. Neustadt; Melk; Horn;
in Oesterreich ob der Enns: Steyr;
in Steiermark: Gleisdorf;
in Tirol: Hall;
in Böhmen: Krumau, Bfeznic, Jicin, Kuttenberg; Schlan, Schlackenwerth, Haida, Reichenau,
Beneschau; Tepl, Saaz, Taus, Leipa, Weisswasser, Deutschbrod, Pardubic.
in Mähren: Hradisch, Tele; Auspitz, Gaya, Leipnik, Altwasser, Freiberg; Kromau ;
in Schlesien: Freudenthal.
Das Judenburger wurde nach St. Lambrecht, das Kosmanoser nach Jungbnnzlau, das Klattauer
nach Pisek versetzt; neu entstanden: Bozen und Lienz. Philosophische Studien bestanden nur in
Wien, Linz, Kremsmünster, Gratz, Klagenfurt, Laibach, Innsbruck, Prag, Olrnütz und Lemberg (eine
Zeit lang auch in Meran) fort. Von den galizischen Gymnasien blieben Lemberg, Przemysl, Jaroslau,
Rzeszow, Tarnow, und Neu-Sandec erhalten.