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Zimmermann. Exner.
zum ersten Male in Oesterreich officiell aussprach: „Das Gymnasium ist eine
Abtheilung von Schulen, in welchen durch allseitige und harmonische Ent
wicklung aller Seelenkräfte der unmittelbare Grund zu den Facultäts - Studien
mit gleichzeitiger Entwicklung dos religiös-moralischen Charakters, unter Berück
sichtigung des praktischen Lebens, gelegt wird.” üeberhaupt beleuchtete es die
Uebelstände der bestehenden Gymnasial-Eiiirichtung freimüthig und scharf, ver
langte die Einbeziehung der deutschen (italienischen) Sprache, der Geometrie,
Naturgeschichte und Physik in den Gymnasialcurs, wünschte aber auch, dass
ein freier Unterricht in den Landessprachen, jener in anderen modernen Sprachen,
im Zeichnen (statt der Lalligraphie), Gesang und Musik überall eingeführt werde.
Die Studien-Hofcommission adoptirte die Vorschläge fast vollständig. „Das Gym
nasium solle in 3 Giammatikal- und 3 Humanitäts-Gassen mit je 20 wöchent
lichen Stunden zerfallen. \ oin Griechischen dürfe Niemand mehr dispensirt
werden. Der geographisch-historische Unterricht werde in allen sechs Gassen
ertheilt, trage aber vorwiegend den universal historischen Charakter. Alle
Schulbücher seien in deutscher Sprache abzufassen, Classiker-Ausgaben ohne
Noten zu veranstalten. Im Allgemeinen bleiben Classenlehrer; nur für Mathe
matik und Naturwissenschaften werde ein Fachlehrer aufgestellt. Behufs der
Lehrerbildung sei das Studium der elassischen Literatur in den philosophischen
Obligatcursen wieder einzuführen; zur Präfectur oder zum Provincial-Directorate
dürfen nur sehr tüchtige Lehrer gelangen. Zur Wahrung der Disciplin erhalte
jedes Gymnasium Statuten; mit dem Lehrkörper wirke zur Aufrechthaltung
derselben ein Orts-Schulinspectorat zusammen.”
Abermals lautete die kais. Entschliessnng vom 10. August 1844 im Ganzen
ablehnend, forderte jedoch zu neuen Anträgen auf. Das Comite, welchem nun
auch Gymnasiallehrer J. A. Zimmermann beitrat, hielt seine früheren Vor
schläge aufrecht, motivirte namentlich sehr eingehend die Aufnahme dei deut
schen Sprache, der Geometrie und der Naturwissenschaften in den Lehrplan,
und erörterte überdiess die Nothwendigkeit, die griechische Grammatik und das
Lehrbuch der Stylistik ihres bisherigen lateinischen Gewandes zu entkleiden,
fand sich aber auch auf Grundlage einer Enquete veranlasst, eine durch
gängige Einführung des Fachlehrer-Systems im Gymnasium zu befürworten.
Die Studien-Hofcommission trat abermals den Comite-Anträgen bei und reducirte
nur die wöchentliche Stundenzahl jeder Gasse wieder auf 18.
Zum Theile gleichzeitig mit dem Comite für die Gymnasial-Reform tagte
ein anderes zur Revision des Lehrplans der philosophischen Studien, zu welchem
Hallaschka, Ettingshausen und Exner stabil gehörten, überdiess aber
zeitweise auch Ficker, Richter und Zimmermann beigezogen wurden.
Dieses Comite entledigte sich seiner Aufgabe im Wesentlichen durch Adoption
der schon im Jahre 1837 gemachten Vorschläge, betonte jedoch schärfer, als
es früherhin geschehen war, die enge Zusammengehörigkeit der philosophischen
Obligatcurse mit den Gymnasial-Studien.