Reduction der Ordens-Gymnasien.
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Gesetze und das Reichs-Volksschulgesetz nothwendig gewordenen Abände
rungen in den Bestimmungen über die gottesdienstlichen Uebungen und die
Aufnahms-Bedingungen in die unterste Gymnasialclasse, führte Lehrbefähigungs-
Prüfungen auch für die bisher fast dem Zufalle preisgegebenen Freifacher ein,
und suchte bei zahlreichen Verhandlungen über die Unterrichtssprache an
Staats-Anstalten in erster Linie den Interessen der Schule ihr Recht zu wah
ren, zugleich aber dem obligaten Unterrichte im Deutschen, als einer für jeden
höher Gebildeten unentbehrlichen Cultursprache, wieder grössere Verbreitung
zu verschaffen.
Aus dem Gesichtspuncte strengeren Festhaltens am bestehenden Lehr-
Systeme wurde am 1. August 1870 die Aufforderung an jene Ordens - (Korpo
rationen, welche bisher an ihren Gymnasien nicht eine hinreichende Zahl
gesetzlich befähigter Lehrer besassen, gerichtet, dieser Verpflichtung endlich nach
zukommen. 1 ) Da nun finanzielle Bedrängniss und Mangel an Ordens-Candidaten
\iele Corporationen ausser Stand setzte, dieser Aufforderung nachzukommen,
wurden seither von den im Jahre 1870 noch bestandenen 36 Ordens - Gym-
nasien 2 ) 13 durch den Staat, 1 durch das Land, 5 durch Communen über
nommen 3 ); die Uebernahme von 4 weiteren steht in Verhandlung, so dass
sodann nur 13 solche Anstalten fortdauern werden.
Reben dieser Säcularisirung von Ordens-Anstalten ging aber die regste
Thätigkeit für Reu - Errichtung von Gymnasien einher; wetteifernd brachten
und boten grosse und kleine Gemeinden die erheblichsten Opfer, um die Er
richtung derselben durch Staat oder Land zu erwirken oder selbst durchzu
führen. 4 ) Auch die Schülerzahl wuchs immer noch stärker, als die Bevölkerung,
angehende Pharmaceuten als unzulässig erklärt, der geographisch- historische Unterricht wieder im
Sinne des Organisations - Entwurfes geordnet, die Einschränkung des Unterrichts in der Kirchen
geschichte zngelassen, das Verbot des Nachstunden-Unterrichts an Staats- und Fonds-Gymnasien
erneuert, dem eingerissenen Uebermasse der Gestattung von Wiederholungs-Prüfungen Einhalt
gethan, die Gebarung der Privatanstalten auf dem Gebiete des Gymnasiums einer strengen Ueber-
wachung unterzogen, u. dgl. m.
0 Die Ordens-Gymnasien zählten noch 1870 unter ihren ordentlichen Lehrern wenig mehr
als ein Sechstheil nach dem neueren Systeme Befähigter, und diese concentrirten sich hauptsächlich
auf wenige Anstalten (namentlich bei den Schotten und in Kremsmünster).
2) Die ganz oder theilweise communalen Gymnasien zu Jung-Bunzlau, Reichenau, Deutsch-
Rrod, Sclilan und Duppau in Böhmen, Gaya in Mähren, bleiben ausser Betracht, wenn auch ihre
Lehrstellen vcrtragsmässig meist von Ordens-Geistlichen (in Deutsch-Brod Prämonstratenser, ausser
dem Piaristen) versehen werden.
3) Benedictiner-Gymnasien in Gratz und Klagenfurt, Cisterzienser-Gymnasium in Wiener-
Neustadt, Prämonstratenser-Gymnasium in Saaz, Piaristen-Gymnasien in Wien (Josephstadt), Krems,
Budweis, Kremsier, Nikolsburg, Franciseaner-Gymnasienin Rudolfswerth, Pisino, Bozen und Sinj;
Plansten - Gymnasium in Horn; — ßenedieliner-Gymnasium in Klatlau, Cisterzienser-Gymnasium in
Komotau, Piaristen-Gymnasien in Brüx, Mährisch-Trübau, Freiberg. Auch das bischöfliche Gym
nasium in Budweis wurde vom Staate übernommen.
D Ungeachtet der wieder beginnende Lehrermangel noch viele derartige Verhandlungen nicht
zum Abschlüsse gelangen liess, entstanden in den Jahren 1870 - 1875 die vollständigen Staats-Gym
nasien in Wien (1. Bezirk) und Lnndskron (Böhmen), die Staats-Untergymnasien in Gotschee (Krain),