Concordat. 1855.
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die "V olksschulen nur als berathendes und inspicirendes Organ beigegeben war.
Die untergeordneten Instanzen der Volksschul-Verwaltung bestanden fort, ob
wohl Feuchtersieben die Bildung einer Schulcommission aus Lehrern und
Gemeindevertretern für jede Schule, die Ernennung von Kreis- und Hauptstadt-
Schulinspectoren in Aussicht gestellt hatte.
Aber schon im Sommer 1854 wurden die Landes-Schulbehörden wie
der aufgelöst und nicht bloss der Wirkungskreis des administrativen Refe
renten, sondern auch ein beträchtlicher Tlieil desjenigen der Mittelschul-
Inspectoren an den Unterrichts-Referenten der politischen Landesbehörde
übertragen. — Am 18. August 1855 wurde das Concordat mit dem päpst
lichen Stuhle unterzeichnet, welches den Grundsatz sanctionirte, dass die inneren
Angelegenheiten der katholischen Volksschule (ausserhalb der Militärgrenze) zu
nächst in den Wirkungskreis der geistlichen Schulaufsicht gehören. Demnach
sollte die unmittelbare Aufsicht über jede Volksschule (auch über eine unter
einem Director stehende Hauptschule) von Staat und Kirche zugleich dem Orts-
Seelsorger anvertraut sein und nur die von geistlichen Körperschaften geleiteten
Volksschulen bloss dem Körperschafts-Vorstande unterstehen; der für eine
Trivialschule zu bestellende weltliche Orts-Schulaufseher hatte in den Unter
richt gar nicht einzugreifen, allerdings aber war der Orts-Seelsorger ermächtigt
und beauftragt, auch den äusseren Bestand der Schule zu überwachen. Der
Schulbezirks-Aufseher, welcher in der Regel der Dechant, ausnahmsweise ein
eigens zu bestellender Viceüechant war, führte die höhere staatlich-kirchliche
Beaufsichtigung der in seinem Bezirke befindlichen katholischen und israeliti
schen V olksschulen, so dass die politische Bczirksbehörde (in Galizien die Kreis
behörde, im lombardisch-venetianischen Königreiche die Provincial-Delegation)
nur die ökonomischen und polizeilichen Beziehungen zu wahren und die Amts
handlungen der Schulbezirks-Aufseher nöthigenfalls durch die gesetzlichen
Zwangsmittel zu unterstützen hatte. Ebenso stand die Oberaufsicht über das
katholische Schulwesen einer Diöcese im Namen des Staates und der Kirche
dem Consistorium zu, von dessen Mitgliedern eines (ohne dass es gleichzeitig
die Dignität des Scholasticus erlangen musste) zum Schulen-Oberaufseher zu
ernennen war. Die Wirksamkeit der politischen Landesbehörde in Volksschul
sachenwar eine ziemlich eng begrenzte; die General-Inspectoren und Provincial-
Schulaufseher des lombardisch-venetianischen Königreichs erloschen. Auch
die bischöfliche Aufsicht über die Mittelschulen wurde ausdrücklich anerkannt,
jedoch ohne dass das Consistorium als Verwaltungs-Instanz derselben erschien.—
Die Verwaltung der evangelischen und griechisch-orientalischen Volksschulen
wurde nach den gleichen Principien geordnet.
Dm Misscredit, in welchen die Haltung des Unterrichts-Ministeriums
gegenüber den Ansprüchen der kirchlichen Gewalt die ganze Unterrichts-
\ erwaltung brachte, wirkte mit dem Ankämpfen der ungarischen Länder gegen
die Einheit des Unterrichts-Systems in beiden Reichshälften zusammen, so dass