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Volltext: Bericht über österreichisches Unterrichtswesen, aus Anlass der Weltausstellung 1873, I. Theil: Geschichte, Organisation und Statistik des österreichischen Unterrichtswesens

Die Lehrpläne von 1804 — 1814. 
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in den Lehrplan fand, dessen grössten Theil nunmehr die juridische und poli 
tische Gesetzgebung Oesterreichs ausfüllte. Das „juridisch-politische” Studium 
erhielt sonach die Erklärung der gesammten einheimischen Gesetze und das 
richtige Yerständniss ihrer Anwendung zur Aufgabe, welcher nur die Rechts 
philosophie, Politik und Statistik einen Anstrich allgemein wissenschaftlicher 
Behandlungsweise gehen sollten. Hiernach wurde (laut des Lehrplans vom 
13. Juli 1810) römisches Recht und Kirchenrecht 1 ) im II. Jahrgange ver 
einigt, der III. dem österreichischen Civilrechte, dem Lehenrechte 2 ), Handels 
und Wechselrechte eingeräumt. Als Preifächer konnten ungarisches Recht, 
Bergrecht und Staatsrechnungs -Wissenschaft Platz finden. 3 ) Das Privat-Studium 
der juridisch-politischen Wissenschaften wurde, unter Voraussetzung der regel 
mässigen Ablegung von Semestral- und Annual - Prüfungen, dem öffentlichen 
gleichgestellt. 
Gleichzeitig wurde für Wien und Prag ein erhöhter Besoldungsstand 
(dort 3000 fl., 2500 fl. und 2000 fl., hier 2000 fl., 1500 fl. und 1200 fl.) be 
willigt und nur der Professor der Statistik auf einen fixen Gehalt (dort 1500 fl., 
hier 1000 fl.) beschränkt. 4 ) 
Für die höheren medicinisch-chirurgischen Studien brachte der Lehr 
plan vom 17. Februar 1804 die Ausdehnung von vier auf fünf Jahrgänge, so 
dass die ersten drei in dem bisherigen Stande blieben, der IV. und V. aus- 
schliessend der speciellen medicinischen und chirurgischen Pathologie und 
Therapie sammt dem praktischen Hnterrichte am Krankenbette gewidmet wurde. 5 ) 
Die wachsende Ausdehnung einzelner Lehrfächer, namentlich der Anatomie und 
Chemie, und die immer mehr einen wissenschaftlichen Charakter annehmende 
Betreibung der Chirurgie und Pharmacie, der Augen- und Zahn-Heilkunde, 
endlich der gerichtlichen Arzneikunde und medicinischen Polizei veranlasste die 
Feststellungen des Studienplans vom 12. October 1810, durch welchen der 
I. Jahrgang auf eine Encyklopädie der medicinischen Wissenschaften, Anatomie 
und Haturgeschichte beschränkt, Chemie und Pharmacie im II. Jahrgange neben 
die Physiologie gestellt, hingegen in den III. auch die Lehre von den chirur- 
1) Israeliten durften zwar die Vorlesungen über das Kirehenrecht besuchen, aber weder 
Prüfungen noch Rigorosen aus demselben ablegen. 
S) Nur in Krakau und Lemberg trat an die Stelle des Lehenrechts das ehemalige poluische 
Recht; hingegen hörten in Prag die bisher vorgeschriebenen Vorlesungen über böhmisches Privat 
recht (so wie im I. Jahrgange jene über böhmisches Staatsrecbt) auf. 
3) Der Besuch der Vorlesungen über Landwirthschaftslehre, welcher seit 1804 für sämmtliehe 
Juristen obligatorisch war, wurde 1811 für alle freigegeben, welche nicht eine Anstellung im ökono 
mischen Fache auf dem Lande suchten. 
4) Ausser diesen beiden Universitäten besass kein juridisches Studium einen eigenen Professor 
der Statistik, diese Wissenschaft wurde an den übrigen Anstalten von dem Professor der Politik 
und politischen Gesetzkunde gelehrt — Auch hörte im Jahre 1810 das juridische Studium am Linzer 
Lyceum auf. 
5) Diese Ausdehnung des praktischen Unterrichts verdankte man insbesondere dem Einflüsse 
einer Celebrität der Wiener medicinischen Schule, J. P. v. Frank.
	        
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