Reformversuche.
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staatlicher und kirchlicher Würdenträger Oesterreichs 1 ) wurde immer schmerz
licher empfunden, die Knechtschaft der juridischen Studien im Dienste der
einseitigen Routine für Ausübung eines praktischen Berufes, die immer weiter
greifende Ileherlieferung der theologischen an den Episcopat, trotz aller ein
engenden Schranken laut beklagt, die freiere Bewegung der ausser Berührung mit
den Staatstendenzen stehenden medicinischen Studien mit um so grösserem Beide
betrachtet, als mit den Leistungen derselben auch fortan der Glanz europäischer
Anerkennung sich verband. Aus der Mitte der Lehrkörper selbst gingen, un
geachtet des trostlosen Indifferentismus der Mehrzahl ihrer apathischen oder
eingeschüchterten Glieder 2 ), doch auch Anregungen zu Reformen hervor,
welche der Wissenschaft auf der Hochschule volle Geltung, ihren Lehren
tiefere Begründung verschaffen wollten, und fanden im Rathe des Monarchen
ihren Widerhall.
Zuerst (1836) wurde die Studien-Hofcommission aufgefordert, die theo
logischen Studien einer Umgestaltung zu unterziehen. Die von Zenner,
nach Einvernehmung des gesammten Episcopats, gelieferte Ausarbeitung (1839)
unterwarf die bestehende Einrichtung einer umständlichen Kritik und fügte
einen Reform-Entwurf bei. Allein die kaiserliehe Resolution vom 11. Decem-
ber 1841 vertagte die Entscheidung und stellte nur die Beseitigung der Obligat-
Erklärung des Hebräischen und Griechischen, sowie die Trennung der generellen
Dogmatik von der speciellen in Aussicht. 3 )
Im Jahre 1845 wurde eine Commission zur Reorganisirung der medici-
nisch- chirurgischen Studien niedergesetzt, und als ihr Referent legte St.
Endlicher schon nach wenigen Monaten den neuen Studienplan vor, welcher
für den Lehrkörper wieder eine Mitwirkung bei Leitung der Facultät und ihrer
Studien in Anspruch nahm, eine Vervielfältigung der Lehrkräfte durch Zulassung
von Docenten und Vermehrung der eigentlich medicinischen Lehrfächer, hin
gegen die Uebertragung der Lehrkanzeln für Naturgeschichte und Chemie an
die philosophische Facultät begehrte. Die Studien-Hofcommission trat demselben
sofort bei (Juli 1846).
Rasch folgte hierauf jener für die juridisch-politischen Studien (No
vember 1847). Um dem Unterrichte eine gleichmässig den Anforderungen der
Wissenschaft und jenen des Staatsdienstes entsprechende Einrichtung zu geben,
wurde die Zahl der allgemein obligaten Fächer auf Rechtsphilosophie, öster
reichisches Staatsrecht, praktisches Völkerrecht, Kirchenrecht, Lehenrecht, öster
reichisches Civil- und Strafrecht, Handels- und Wechselrecht, Jurisdictionsnorm,
1) Bei zahlreichen Anlässen wurde den Studienbehörden die möglichste Sparsamkeit gegen
über den höheren Studien eingesehärft.
2) Die Einführung des Probe * Trienniums für die Professoren der höheren Studien (1826
halte ihre Abhängigkeit nicht wenig verschärft.
3) Die kais. Entschliessilng vom 14. März 184-3 sanctionirte bald darauf eine noch ausgedehn
tere Einflussnahme des Episcopats, als die bisherige, auf die theologischen Studien.