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Reorganisirung sämmtlicher Hochschulen.
1869 die Auflösung des Instituts in zwei ganz gleich gestellte, ein deut
sches und ein cechisches, mit voller Lehr- und Lernfreiheit sanctionirte, sogar
die gleichzeitige Thoilnahme an beiden untersagte.
Abermals brachten die Jahre 1869 —1872 1 ) mehrfache tiefgreifende
Yeränderungen und Erweiterungen in der Einrichtung der technischen Insti
tute, welche ihnen eine immer freiere Bewegung gestatteten, um mit den in
rascher Folge sich vollziehenden Fortschritten der Industrie und Technik Schritt
halten zu können. Wiewohl das Staatsgrundgesetz über die Beichsvertretung die
Grundsätze für Einrichtung der technischen Hochschulen der Landesgesetzgebung
zugewiesen hatte, verzichteten die Landtage von Mederösterreich und Mähren auf
das ihnen zukommende Hecht, so dass die abermalige Reorganisirung der Insti
tute von Wien und Brünn der Reichsgesetzgebung anheimfiel; der steirische
Landtag folgte für seine Anstalt den gleichen Principien. Bei diesen Reorga-
nisirungen wurden aus den Statuten zugleich zahlreiche Detailbestimmungen
wandelbarer Natur ausgeschieden und allen Statuten die volle Lehr- und Lern
freiheit zu Grunde gelegt. Die Aufnahmsprüfungen konnten zufolge der neuen
Realschulgesetze nach und nach beseitigt werden.
Für Wien und Brünn traten die neuen Einrichtungen im Studienjahre
1871 vorläufig auf dem Verordnungswege in Kraft, wobei in Brünn die Inge
nieurschule zuwuchs, die beabsichtigte landwirtschaftliche Fachschule hingegen
auf den Wunsch des Landtags, welcher eine selbstständige Lehranstalt vorzog,
aufgegeben wurde. Endlich erflossen die Organisations-Gesetze vom 10. April
1872 für Wien und vom 3. Mai 1873 für Brünn. Das Gratzer Statut erhielt
am 11. April 1872 die kais. Genehmigung.
Für die Staatsanstalten wurde auch der Errichtung neuer Lehrkanzeln, der
Vermehrung der Dotationen und Lehrmittel-Sammlungen eine grosse Thätigkeit
zugewendet; 12 neue Professuren, eben so viele Stellen von Assistenten und Ad-
juncten wurden errichtet, mehr als 20.000 fl. als ausserordentliche Beiträge für die
Lehrmittel-Sammlungen verausgabt. Eine wesentliche Verbesserung der Stellung
der Professoren an den technischen Hochschulen des Staates brachten die Reichs
gesetze vom 17. März 1872 über die Gehalte und Dienstalterszulagen, vom
3. April 1872 über die Anrechnung der Dienstzeit an einer technischen Hoch
schule bei dem Uebertritte an eine Universität 2 ), und vom 15. April 1873 über
die Zugestehung von Activitätszulagen.
Nachdem der Lemberger technischen Akademie eine grosse Zahl von
Lehrkräften zugeführt worden war, wurde die Reorganisirung derselben als
Hochschule mit der Einräumung der Selbstverwaltung (9. October 1872) und
1) Seit dem Sommer 1870 liegt das Referat über die technischen Hochschulen, von jenem
über Realschulen getrennt, in den Händen des Directors der meteorologischen Centralai^stalt, Ministerial-
rath K. Jelinek.
2) ln umgekehrter Richtung hatte schon das Reichsgesetz vom 9. April 1870 vorgesorgt.