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Volltext: Bericht über österreichisches Unterrichtswesen, aus Anlass der Weltausstellung 1873, I. Theil: Geschichte, Organisation und Statistik des österreichischen Unterrichtswesens

Reichs -Volksschulgesetz von 1869. 
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brauchbarer Lehrmittel unter Beihilfe des Unterrichtsraths emsig vorgesorgt, 
eine vollständige Revision der Schulbücher und Herstellung einer einheitlichen 
Volksschul-Orthographie in Angriff genommen, endlich eine Anzahl von Lehrer- 
Bildungsanstalten reformirt. Die Genehmigung des Statuts für das Wiener 
Pädagogium (1. November 1867) brach zuerst mit dem Grundsätze exclusiver 
Confessionalität. 
Diesem Streben der Regierung entsprach auch neu erwachter Eifer der 
Gemeinden für die Volksschulen 1 ) und das selbstthätige Vorwärtsstreben des 
Lehrstands. Lehrervereine entstanden in den meisten Ländern, Umfang und 
Gehalt der einheimischen Schul - Literatur wuchs rasch an, und über Anregung 
des thätigsten Lehrervereins, der „Volksschule”, trat am 5. September 1867 der 
erste allgemeine österreichische Lehrertag zusammen. 
Unleugbar war das Volksschulwesen Oesterreich’s in unaufhaltsamer Ent 
wicklung begriffen, die Bevölkerung selbst der zurückgebliebensten Länder zur 
Theilnahme für dasselbe erwacht, der Erfolg allseitiger Thätigkeit ein immer 
befriedigenderer geworden, als die Maigesetze von 1868 die mächtigste 
Schranke der gänzlichen Neugestaltung aus dem Wege räumten und Hasner sein 
Werk durch das Reichs-Volksschulgesetz vom 14. Mai 1869 krönte. 2 ) 
Die Bestimmungen des Staatsgrundgesetzes über die Reichsvertretung 
gestatteten nur die Aufnahme der leitenden Gesichtspuncte in das Reichsgesetz, 
welches hiernach hauptsächlich Folgendes feststellte: 
„Jede Volksschule, zu deren Gründung oder Erhaltung der Staat, das 
Land oder die Ortsgemeinde die Kosten ganz oder theilweise beiträgt, ist eine 
öffentliche, ihre Lehrämter und ihr Besuch Angehörigen aller Glaubens 
bekenntnisse zugänglich.” 
„Zu den Lehrgegenständen der allgemeinen Volksschule treten: das 
Wissenswertheste aus Naturkunde und Geschichte, geometrische Formenlehre, 
Gesang und Turnen; für Mädchen überdies« weibliche Arbeiten und Haus- 
haltungskunde.” . 
„Die Bürgerschule gewährt in den nämlichen Gegenständen einen ein 
gehenderen, über das Lehrziel der allgemeinen Volksschule hinausreichenden 
Unterricht.” 
„Mit einzelnen Schulen können einerseits Anstalten zur Pflege, zur Er 
ziehung und zum Unterrichte noch nicht schulpflichtiger Kinder, andererseits 
landwirthschaftliche und gewerbliche Fachcurse verbunden werden.” 
1) Am lebhaftesten bethätigte denselben die Reichshauptstadt, deren im Jahre 1861 reor- 
ganisirte Gemeinde-Vertretung der Volksschul-Verbesserung das wärmste Interesse zuwendete; ihr 
Volksschul-Budget, welches für 1861 nur 250.000 fl. betrug, überschritt schon für 1868 die 
halbe Million. 
2) Die „politische Schulverfassung”, ohnehin für Galizien und Bukowina nur unvollständig, für 
Dalmatien im Urtexte gar nicht in das Leben getreten, durch eine Reihe administrativer Massregeln 
längst wesentlich modificirt, war durch die Mai-Gesetzgebung völlig unhaltbar geworden.
	        
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