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Volltext: Alliance Graphique Internationale - Internationale Gebrauchsgraphik

AGI 
Daß die von der Alliance Graphique Internationale (AGI) veranstaltete 
Ausstellung „Internationale Gebrauchsgraphik" im Österreichischen 
Museum für angewandte Kunst gezeigt wird, entspricht einer langen 
I Tradition dieses Hauses. Das Österreichische Museum hat seit jeher die 
Gebrauchsgraphik, sei es Buchillustration, Plakat oder ein anderer Zweig 
dieser Gattung, als einen besonders wichtigen Bereich der angewandten 
Künste betrachtet und entsprechend gepflegt. Die große, öffentliche 
Bibliothek des Museums enthält unter ihren vielen Sammlungsgruppen 
i graphischer Kunst auch eine große Sammlung von Plakaten und von 
anderer Werbegraphik, die ständig bereichert wird, und das Museum 
hat viele Ausstellungen von Plakaten entweder aus eigener Initiative 
veranstaltet oder gerne bei sich aufgenommen. 
Der künstlerisch hochwertigen Gebrauchsgraphik — und nur von dieser 
kann hier die Rede sein — kommt neben ihrer Funktion als Mittel zur 
; Werbung zweifellos auch eine oft nicht richtig erkannte Funktion im 
' Kulturleben zu. Sie ist jene Form der bildenden Kunst, mit welcher der 
Durchschnittsmensch im öffentlichen Leben immer wieder konfrontiert 
wird, auch dann, wenn er gar nicht bewußt an Kunst interessiert ist. 
Da nun die Gebrauchsgraphik selbstverständlich die Entwicklung der 
i zweckfreien Kunst mitmacht, deren Bewegungen widerspiegelt, wird der 
^ Betrachter, auch der unfreiwillige, auf fast unmerkliche, sanfte Weise 
! mit der Formensprache einer Kunst vertraut, der er sonst vielleicht 
ängstlich und mißtrauisch ausweicht: er wird sogar, weil ihm durch 
den Inhalt der Werbung ein Schlüssel zum Verständnis gegeben ist, 
Deformierungen, Verfremdungen oder Abstraktionen ohneweiters hin- 
1 nehmen oder gar als sinnvoll und berechtigt anerkennen, die, mit dem 
' höheren Anspruch der freien Künste vorgetragen und meist schwerer 
! verständlich, seine Kritik oder sogar seine Uninteressiertheit bzw. 
! Ablehnung herausfordern würden. . , i ■ 
Wenn auch einer Ausstellung im allgemeinen diese erzieherische Funktion 
wegen der zeitlichen und örtlichen Begrenztheit nur etwas eingeschränkt 
zuzusprechen ist, so wird dies im Fall der Ausstellung der AGI mehr als 
wettgemacht durch die Intensität der Wirkung. Diese Vereinigung 
‘ zählt nur vielfach bewährte und hochgeschätzte Künstler zu ihren 
Mitgliedern, Künstler, deren Werke bereits in die Fachliteratur eingegangen 
sind und deren Namen weltweiten Klang besitzen. Da diese Künstler 
aus vierzehn Ländern stammen, wird hier also ein Überblick über das 
internationale Schaffen gegeben, für den man überaus dankbar sein muß. 
Vielerlei Wirkung darf man sich von dieser Ausstellung mit Recht 
erwarten. Für das breite Publikum wird sie den geistigen Genuß bringen, 
den hohe künstlerische Leistungen immer bereiten, und dazu die Einsicht 
in die vielfältigen Möglichkeiten der Gebrauchsgraphik, mit denen diese 
der Verschiedenheit der Aufgaben gerecht wird. Für die Gebrauchs 
graphiker Wiens ergibt sich die Gelegenheit, ihr eigenes Schaffen, ihre 
eigene Formensprache zu vergleichen mit der ihrer großen Kollegen aus 
dem Ausland — an Hand von Originalen und nicht von kleinen, unzu 
reichenden Abbildungen in der Fachliteratur — und Anregungen zu 
gewinnen, die vor allem auch aus der verschiedenen nationalen Zuge 
hörigkeit der vertretenen Künstler fließen dürften. Die Auftraggeber aus 
dem öffentlichen Leben und der Wirtschaft endlich sollten aus der 
hohen Qualität der ausgestellten Arbeiten und doch wohl auch aus dem 
hohen Ansehen der Künstler, das sich ja nicht aus dem Wohlwollen 
weltfremder Kunstkritiker, sondern aus den Erfolgen ihrer Auftraggeber 
herleitet, zu der Einsicht gelangen, daß in der betäubenden Fülle der 
heutigen Werbemittel nur die Stimme einer ausgeprägten künstlerischen 
Persönlichkeit nicht zu überhören ist; von den ausgestellten Plakaten 
lief sicher keines Gefahr, übersehen zu werden, unterzugehen in der 
Flut des Durchschnittlichen und Uninteressanten. 
Möge der Erfolg der Ausstellung so vielfältig sein wie ihr Inhalt und so 
bedeutend wie ihr künstlerisches Niveau; Besseres kann man ihr nicht 
wünschen I 
Viktor Griessmaier 
Direktor des Österreichischen Museums 
für angewandte Kunst
	        
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