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Eduard Schelle
und dafs ein guter Klang gute Früchte trägt, beweift der grofse Betrieb diefer
Fabrik; fie hat feit den etlichen zwanzig Jahren ihres Beftehens nicht weniger
als ii5 ganz neue I-. 2- und 3-Manual-Orgelwerke fowohl für das In- wie für das
Ausland geliefert.
Dem Werke Steinmeyer’s fleht ihrem Werthe nach zunächft die Orgel der
Gebrüder Mayer aus Feldkirch, welche in der öfterreichifchen Abtheilung aufge-
ftellt war. Dort zeichnete fie fich an der Hinterwand des Raumes mit hübfchen
Formen, fchlank empoifteigenden Spitzen ihres im gothifchen Stile gehaltenen
Profpedtes, mit ihren fünf Feldern von blinden Pfeifen anmuthig ab. Ihre ganze
Erfcheinung machte einen günftigen Eindruck, ebenfo die innere Einrichtung. Die
Beflandtheile derfelben find überaus fein und faube* gearbeitet. Das Innere
gewährt in feiner überfichtlichen Anordnung ein fehl* freundliches Bild; dabei ifi
Alles praktifch angelegt und folid angefertigt. Dem leichten, eleganten Aeufseren
entfprechen an Toncharakter und Farbe die 16 klingenden Stimmen, welche das
Werk mit feinen 945 anfprechenden Pfeifen aufweift. Die Dispofition geflaltet
fich für 2 Manuale und 1 Pedal in folgender Weife: Das Hauptmanual umfafst
1. Principal 8', 2. Gamba 8', 3. Dolce 8', 4. Gedeckt 8', 5. O dt ave 4.
6. Dolceflöte 4', 7. Octave 2', 8. Mixtur 2 2 / 3 ' vierfach; das zweite Manual:
9. Clarinette 8', 10. Principalflöte 8', 11. Salicional 8', 12. Traversflöte 4,
13. Fugara 4'; das Pedal: 14. Violon 16', 15. Subbafs 16', 16. Octavbafs 8'.
Dazu kommen noch 3 im Clavierkaften angebrachte Koppelzüge, von denen
2 die einzelnen Manuale mit dem Pedal, der 3. die beiden Manuale unter fich
verbinden und 4 Colledtivzüge: Piano, dann Pianoforte, Forte und Fortiffimo.
Unter den Regiftern heben fich befonders die Gamba und die drei Flötenzüge
durch einen reizenden Klang hervor. In der Mechanik, einer Rahmenmechanik,
ift der Erbauer von der herkömmlichen Praxis darin abgewichen, dafs er ftatt
der gewöhnlichen Wellaturrahmen eine Conftrudtion nach feiner Idee entworfen
hat. Es find nämlich zwei Rahmen übereinander gelegt, in welchen fich die
Wellen bewegen, die letzten find fehl* kurz und können fich defshalb nicht
ziehen. Sämmtliche zum Regierwerk gehörende Winkel find von Holz, ausge
füttert und jeder einzelne in eine Kapfel aufgefchraubt. Trotz feines zierlichen
leichten Baues zeigt das Inftrument bei vollem Werk, dafs es mit eine* gefunden
Länge verfehen ift und es an Klangwirkung mit manchem, fcheinbar robufteren
Concurrenten wohl aufnehmen kann; ein gutes Zeugnifs für die Intonation.
Auch an der Spielweife dürfte felbft der heiklichfte Orgelvirtuofe nichts auszu
setzen finden. Zu rügen wäre an dem Werke nur, dafs bei der Vereinigung
der Holz- und Rohrftimmen die letzten etwas nachfchlagen. Der Mangel an
gehöriger Deckung diefer Stimmen ift jedoch nicht fehl* erheblich, denn der
NachfchJag fällt zu wenig ins Gehör, um den günftigen Effedt wefentlich zu
beeinträchtigen. Dem dürfte übrigens durch einen Refervebalg leicht abzuhelfen
fein. Der Preis der Orgel ift 5300 fl. öfterreichifcher Währung.
Wenn wir uns früher zu Gunften des Fortfehrittes mit den Kegelladen
ausfprachen, dafs nämlich die nach diefem Syftem gut conftruirten Orgeln fich
gegenüber den anderen ausgeftellten Werken durch Fülle und Kraft des Tones
auszeichnen, fo müffen wir unferen Ausfpruch dahin ergänzen, dafs diefes Ver
dient! nicht einzig und allein den Kegelladen zufällt, fondern auch und zwar
vornehmlich dem Charakter der Intonation der Pfeifen. Wir haben hier ein
Beifpiel an der in der Rotunde befindlichen Orgel von Ri ege 1* & Sohn aus
Jägerndorf in Oefterreichifch-Schlefien, welche eben das Kegelladen - Syftem
vertritt und fogar eine Verbefferung desfelben aufweift. Die Kegelladen find näm
lich fo geftaltet, dafs man fie in allen Theilen zerlegen kann und jedes einzelne
Kegelventil fich mit Leichtigkeit herausnehmen läfst. ohne das Pfeifenwerk
abräumen zu müffen. Aber trotzdem, dafs der innere Bau als folcher ganz correct
ift. läfst der Toncharakter Manches zu wünfehen übrig. Hervorheben müffen wir,
dafs diefes Werk mehr als ein anderes auf eine nachfichtige Beurtheilung