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Volltext: Musikalische Instrumente (Gruppe XV), officieller Ausstellungs-Bericht

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Eduard Schelle. 
Wie fchon gefagt, bietet diefe Orgel ihrer äuiseren Erfeheinung nach nichts 
Auffälliges noch Ungewöhnliches. Es ift ein kleines, fchmuckes Werk, welches 
mit feinen in fünf Felder getheilten, glänzenden I'rofpecipfeifen. mit feinen ein 
fachen, aber gefchmackvollen Verzierungen hell und freundlich aus einer engen 
Nifche in der Abtheilung für die Münchener kirchliche Kunft hervorfchaute. Allein 
öffnet man die Thüren des Spielkaftens, fo erblickt man mit Erftaunen ftatt der 
üblichen Abstrakten von Holz, welche von der Claviatur nach dem Wellenbrete, 
dem Windkaften und den Cancellenventilen hinlaufen , um diefe beim Nieder 
drucke der Taften zu öffnen, eine Unmaffe von grünen Drähten, welche fielt wirr 
durcheinander zu winden fcheinen. Noch einen überrafchenderen Blick gewährt 
das Innere. Hier ift alles Holzwerk verfchwunden, ftatt desfelben zeigen fich grofse, 
in Partien getheilte Mallen von folchen Drähten, bei denen ein ungeübtes Auge auf 
den erften Blick kaum eine planmäfsige Anordnung zu entdecken vermag. 
Jene Drähte find Leiter, welche von der Claviatur und dem Pedale im 
Spielkaften unter die Windladen führen und fich von hier aus in die einzelnen 
Regifterzüge verzweigen. Die Ventile werden durch einen kleinen Elektromagnet 
geöffnet, welcher durch die Schliefsung der galvanifchen Batterie beim Nieder 
druck der Taften in Thätigkeit gefetzt wird. Die Batterie befindet fich hinter den 
Bälgen und befitzt eine Itenfität von zwei Elementen mit zufammeu 15 Quadrat 
meter Zink-Oberfläche. Die Windladen find weder Kegel- noch Schleifladen, 
fondern ganz neu erfunden, ohne Regifterventile oder Schleifen; da die Regifter 
züge mittelft Leitungen und Contakle hergeftellt find; ebenfo beftehen die Koppe 
lungen aus Stromleitungen und Contakten. 
Die Orgel enthält 17 Stimmen von vorzüglicher Klangfarbe, welche in 
folgender Weife disponirt find: Zu dem erften wie zweiten Manual gehören 
i. Principal 8' englifehes Zinn, Profpekt, 2. Bourdon 16', 3. Viola di Gamba 8' 
englifches Zinn, 4. Gedeckt 8' Holz mit doppelten Labien, 5. Dulciana 8' Prob 
zinn (4 Theile Zinn, 1 Theil Blei), 6. Flöte 8' Holz mit doppelten Labien, 7. Sali 
cional 8'.Probzinn, 8. Clarinette 8', 9. Oktav 4' Probzinn, 10. Traversflöte 4' von 
hartem Holz gedreht, 11. Dolce 4' Probzinn, 12. Oktav 2' Probzinn, 13. Mixtur 
2^/J Probzinn ; zum Pedal gehören: 14. Subbafs i6', 15. Violinbafs Iö , 16. Oktav- 
bafs 8', 17. Violoncello 8' englifches Zinn; dazu kommen noch e?ine Manual 
koppelung, dann zwei Pedalkoppelungen und ein Tritt für Crescendo und 
Decrescendo. 
Schon die Vertheilung der Manualregifter in diefer Dispofition dürfte 
genügen, um erkennen zu laffen, dafs in diefem Werke ein ganz neues Syftem ins 
Leben getreten ift. Wir finden nämlich die Züge nicht wie fonft nach den Clavia- 
turen gefondert; die letzteren find vielmehr fo innig vermittelt, nicht zu fagen, 
zufammengefchoben, dafs keine Trennung zwifchen ihnen obwaltet und der 
Spieler nach Belieben das Oberwerk als Hauptmanual und fo umgekehrt ver 
wenden kann. Auch ihrer äufseren Einrichtung nach entfalten die Regifter ein 
anderes Bild als auf den gewöhnlichen Orgeln der Fall ift; fie treten nämlich 
hervor, als wären fie gezogen, während fie doch gefchloffen find. Will man das 
Werk zum Sprechen bringen, fo ftöfst man die Züge entweder hinein oder zieht 
fie weiter hinaus; im erften Falle gehören fie dem oberen, im zweiten Falle dem 
unteren Claviere, fo dafs jedes Regifter für beide Manuale verwendbar ift. Der 
Vortheil, welchen diefe Dispofition mit fich bringt, fpringt zu klar in die Augen, 
als dafs man ihn befonders zu betonen hätte. Es wird dadurch nicht nur eine 
unendlich mannigfaltige Fülle von Combinationen und Mifchungen der verfchie- 
denenfKlangfarben ermöglicht, fondern auch die feinfte Vermittlung in denfelben 
in die Hand gegeben, wie fie auf keiner der herkömmlichen Orgeln zu erzielen 
ift. Aber unter allen den vielen Vorzügen, deren fich die neue Erfindung rühmen 
darf, ftellen wir die wunderbar fchnelle und dabei überaus leichte Anfprache de 
Stimmen obenan. Man kann fowohl auf den Manualen und auf dem Pedale alle 
möglichen Figuren im rafcheften Tempo ausführen und ftets werden die Töne
	        
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