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Volltext: Musikalische Instrumente (Gruppe XV), officieller Ausstellungs-Bericht

Mufikalifche Inftrumente. 
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fich klar und deutlich vernehmbar machen, wie auf dem Clavier. Dazu ift endlich 
die Mechanik, fo complicirt'fie auch auf den erften Blick erfcheinen mag, im 
Grunde doch einfach, und was ihren Werth insbefondere erhöht, gegen die Ein- 
fliiffe der Temperatur gewiffermafsen gefeit, indem die Leitung folchen keines 
wegs unterliegt. Wir haben alfo alle Urfache, der Kunft zu diefer neuen Errun- 
genfchaft nur Glück zu wünfchen. Freilich hat jede Medaille auch ihre Kehrfeite. 
Auch diefe Erfindung ift keineswegs fo fix und fertig, fo ausgeglichen mit den 
beftehenden Verhältniffen, dafs fie bereits einen gebahnten, ebenen Weg vor fich 
hätte. Einen Hemmfchüh für fie wird zunächft die Preisfrage bilden; denn die 
Herrichtung einer folchen Orgel überfteigt um Vieles die Koften, welche ein Werk 
von ähnlicher Gröfse nach dem alten Syftem verurfacht. Indeffen ift diefer Uebel- 
Itand nicht fo grofs und gewichtig, dafs er für die Zukunft einen Stein des 
Anftofses abgeben könnte; er haftet vornehmlich an der Batterie, welche in ihrer 
gegenwärtigen Befchaffenheit allerdings fehr hoch zu flehen kommt. Es werden 
indefs ficherlich mit der Zeit Mittel gefunden werden, diefe Batterie zu verein 
fachen, und die Erfinder felbft haben, wie wir gehört, bereits ein folches in Aus- 
licht, wodurch der Koftenbetrag um die Hälfte gemindert wird. Ein gewiffes 
klapperndes Geräufch, welches beim Spielen häufig aus dem Innern des Gehäufes 
an das Ohr dringt, können wir nicht der Mechanik als eine befondere Unvoll 
kommenheit zur Lall legen, da dasfelbe wohl leicht zu befeitigen fein wird. Im 
Uebrigen empfiehlt fich diefe Orgel durch einen fchönen, edlen Ton, wie durch 
eine entfprechende Klangkraft, fie ift mit einem Wort ein Werk, das faft in 
gleichem Mafse das Intereffe des Künftlers wie des Phyfikers zu feffeln vermag. 
Harmoniums. 
In der Welt der mufikalifchen Inftrumente legt der menfchliche 
Erfindungsgeift ein abfonderliches Beftreben dar, die verfchiedenen Gattungen 
durch Erzeugung von Abarten zu vermitteln. Bis in unfer Jahrhundert hinein 
thronte die Orgel in der Familie der Tafteninftrumente in unnahbarer Majeftät 
und nahm hier eine ifolirte Stellung ein. Da führte der Wunfch, auch diefes 
erhabene Ion-Werkzeug dem Salon dienftbar zu machen, zur Erfindung der Phys- 
harmonika und zur weiteren Vervollkommnung derfelben als Orgue expreffive, oder 
Harmonium, unter welchem Namen wir fie gegenwärtig kennen. Die durch Vibra 
tion einer ftählernen Zunge erzeugten Töne der befonders unter dem Volke fehr 
beliebten Maultrommel — auch Judenharfe und Brummeifen geheifsen — follen 
einen Rentamtmann zu Königshofen an der Saale in Baiern, Efchenbach, auf die 
Idee gebracht haben, diefes Tonmittel durch ein eigen conftruirtes Inftrument 
für künftlerifche Verwendung brauchbar zu machen. Die Idee mag nun in der 
lhat jenem Rentamtmann zugefprochen werden; die Ehre jedoch, diefe ver 
wirklicht zu haben, dürfte weniger dem Inftrumentenmacher Schlimbach oder 
nach Anderen Voitin Schweinfurt, fondern dem Wiener Anton Häckel 
gebühren. In der additioneilen Ausftellung befand fich von Letzterem eine Phys- 
harmonika, welche die Jahreszahl 1822 trägt, alfo in die Zeit fällt, in welcher die 
Erfindung diefes Inftrumentes bei uns wenigftens ins Leben trat. Denn auch die 
Ameiikaner machen Anfpruch auf die Ehre, Orgeln, in denen die Töne durch 
Zungen hervorgebracht werden, zuerft erzeugt zu haben. Als Erfinder derfelben 
wird Aaron Merril Peafeley genannt; bereits im Jahre 1818 erhielt er als 
Auszeichnung von der Regierung der Vereinigten Staaten ein befonderes Patent. 
Immerhin ift aber die Physharmonika die eigentliche Stammmutter der brillanten 
klangreichen Harmoniums, welche die öfterreichifche und deutfche Abtheilung 
zierten und zu diefem keinen geringeren Gegenfatz bildeten, wie ein Hammer- 
cymbal von Chriftofali aus dem vorigen Jahrhundert zu einem modernen Flügel 
mit englifcher Mechanik und kreuzfaitigem Bezug.
	        
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