Mufikalifche Inftrumente.
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fich klar und deutlich vernehmbar machen, wie auf dem Clavier. Dazu ift endlich
die Mechanik, fo complicirt'fie auch auf den erften Blick erfcheinen mag, im
Grunde doch einfach, und was ihren Werth insbefondere erhöht, gegen die Ein-
fliiffe der Temperatur gewiffermafsen gefeit, indem die Leitung folchen keines
wegs unterliegt. Wir haben alfo alle Urfache, der Kunft zu diefer neuen Errun-
genfchaft nur Glück zu wünfchen. Freilich hat jede Medaille auch ihre Kehrfeite.
Auch diefe Erfindung ift keineswegs fo fix und fertig, fo ausgeglichen mit den
beftehenden Verhältniffen, dafs fie bereits einen gebahnten, ebenen Weg vor fich
hätte. Einen Hemmfchüh für fie wird zunächft die Preisfrage bilden; denn die
Herrichtung einer folchen Orgel überfteigt um Vieles die Koften, welche ein Werk
von ähnlicher Gröfse nach dem alten Syftem verurfacht. Indeffen ift diefer Uebel-
Itand nicht fo grofs und gewichtig, dafs er für die Zukunft einen Stein des
Anftofses abgeben könnte; er haftet vornehmlich an der Batterie, welche in ihrer
gegenwärtigen Befchaffenheit allerdings fehr hoch zu flehen kommt. Es werden
indefs ficherlich mit der Zeit Mittel gefunden werden, diefe Batterie zu verein
fachen, und die Erfinder felbft haben, wie wir gehört, bereits ein folches in Aus-
licht, wodurch der Koftenbetrag um die Hälfte gemindert wird. Ein gewiffes
klapperndes Geräufch, welches beim Spielen häufig aus dem Innern des Gehäufes
an das Ohr dringt, können wir nicht der Mechanik als eine befondere Unvoll
kommenheit zur Lall legen, da dasfelbe wohl leicht zu befeitigen fein wird. Im
Uebrigen empfiehlt fich diefe Orgel durch einen fchönen, edlen Ton, wie durch
eine entfprechende Klangkraft, fie ift mit einem Wort ein Werk, das faft in
gleichem Mafse das Intereffe des Künftlers wie des Phyfikers zu feffeln vermag.
Harmoniums.
In der Welt der mufikalifchen Inftrumente legt der menfchliche
Erfindungsgeift ein abfonderliches Beftreben dar, die verfchiedenen Gattungen
durch Erzeugung von Abarten zu vermitteln. Bis in unfer Jahrhundert hinein
thronte die Orgel in der Familie der Tafteninftrumente in unnahbarer Majeftät
und nahm hier eine ifolirte Stellung ein. Da führte der Wunfch, auch diefes
erhabene Ion-Werkzeug dem Salon dienftbar zu machen, zur Erfindung der Phys-
harmonika und zur weiteren Vervollkommnung derfelben als Orgue expreffive, oder
Harmonium, unter welchem Namen wir fie gegenwärtig kennen. Die durch Vibra
tion einer ftählernen Zunge erzeugten Töne der befonders unter dem Volke fehr
beliebten Maultrommel — auch Judenharfe und Brummeifen geheifsen — follen
einen Rentamtmann zu Königshofen an der Saale in Baiern, Efchenbach, auf die
Idee gebracht haben, diefes Tonmittel durch ein eigen conftruirtes Inftrument
für künftlerifche Verwendung brauchbar zu machen. Die Idee mag nun in der
lhat jenem Rentamtmann zugefprochen werden; die Ehre jedoch, diefe ver
wirklicht zu haben, dürfte weniger dem Inftrumentenmacher Schlimbach oder
nach Anderen Voitin Schweinfurt, fondern dem Wiener Anton Häckel
gebühren. In der additioneilen Ausftellung befand fich von Letzterem eine Phys-
harmonika, welche die Jahreszahl 1822 trägt, alfo in die Zeit fällt, in welcher die
Erfindung diefes Inftrumentes bei uns wenigftens ins Leben trat. Denn auch die
Ameiikaner machen Anfpruch auf die Ehre, Orgeln, in denen die Töne durch
Zungen hervorgebracht werden, zuerft erzeugt zu haben. Als Erfinder derfelben
wird Aaron Merril Peafeley genannt; bereits im Jahre 1818 erhielt er als
Auszeichnung von der Regierung der Vereinigten Staaten ein befonderes Patent.
Immerhin ift aber die Physharmonika die eigentliche Stammmutter der brillanten
klangreichen Harmoniums, welche die öfterreichifche und deutfche Abtheilung
zierten und zu diefem keinen geringeren Gegenfatz bildeten, wie ein Hammer-
cymbal von Chriftofali aus dem vorigen Jahrhundert zu einem modernen Flügel
mit englifcher Mechanik und kreuzfaitigem Bezug.