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Eduard Schelle.
die Amerikaner und in erfter Linie die Fabrik Steinway & Sons in New-York vor
gegangen. Durch eine kühne, maffenhafte, aber fein berechnete Verwendung des
Gufseifens, ja ganzer aus einem Stücke gegoffener Eifenrahmen in der Conftrudtion
und durch einen fächerartigen Bezug, in dem die dicken, gefponnenen Bafsfaiten
von einem höheren Steg aus kreuzweife über den anderen ausgefpannt find, haben
fie eine Klangfülle des Pianoforte erzeugt, von der man früher keine Ahnung
hatte. Nun ift freilich weder die Idee der eifernen Verfpreizung des Kaftens noch
des kreuzfaitigen Bezuges neu. Mit der erfteren wurden fchon im Anfänge diefes
Jahrhundert es Verfuche gemacht und der zweite war fchon bei den alten Clavichords
in Praxis und in neuerer Zeit ift Pape wieder auf denfelben, aber ohne fonderlichen
Erfolg, zurückgekommen. Aber in den technifchen Künften liegt der Accent nicht
auf der Priorität der Erfindung, fondern auf der erften praktifchen Verwerthung
derfelben und der Name Steinway wirdftets mit dem Syfteme der Eifenconftrucflion
und des kreuzfaitigen Bezuges im Pianobau für alle Zeiten verknüpft bleiben; die
Inftrumente Steinway’s bezeichnen den Culminationspunkt des jetzigen Pianobaües
und man füllte glauben, dafs über fie hinaus ein Fortfehritt nicht mehr möglich,
dafs der menschliche Erfindungsgeift auf diefem Gebiete an die Grenze feines
Schaffens gelangt fei; fiehe, da beweift uns plötzlich die \\eltausftellung das
Gegentheil durch die Vorführung einer neuen Erfindung, welche eine Ergänzung
des amerikanifchen Syftems anftrebt
In der ungarifchen Abtheilung fand fich nämlich ein Refonanzboden vor,
der von der üblichen Form gänzlich abweicht. Er ift von dem rühmlichft bekannten
Pianobauer Beregfzafzy in Peft angefertigt und paradirte fchon auf der Aus
heilung 1871 in London. Das Neue an ihm befteht darin, dafs er keine Platte
bildet, fondern eine Wölbung nach Art des Violin- oder Cellobodens hat, auf
deren Höhenlinie der Steg fich entlang zieht. Einen Boden von derfelben Con-
ftruclion hat Herr B e r e g fz a f? y in dem von ihm ausgeftellten Concertflügel
angebracht. Eine Verwerthung diefer Erfindung von - anderer Seite her führte die
öfterreichifche Abtheilung in zwei Concertflügeln von feltr fchöner Arbeit aus der
Fabrik E h r b a r’s in Wien vor. Herr Beregfzafzy hat aufserdem noch einen
Flügel mit gewöhnlichem Refonanzboden und Ehrbar fogar deren zwei aus-
geftellt, fo dafs zu einem Vergleich nach Qualität des Tones Gelegenheit geboten
war. Zu Gunften diefes Experimentes fprechen zunächft die Erforfchungen der
Akuftik, welche darthun, dafs auf guten italienischen Geigen oder Cellis fehr
regelmäfsige Saitenfchwingungen fich erzeugen laffen. Sollte nicht alfo eine analoge
Erfcheinung durch einen ähnlich geformten Refonanzboden im Clavierkaften bei
einem corredlen Hammerfchlag zu ermöglichen fein? Aufserdem ift noch zu
beachten, dafs ein nach richtiger Berechnung gewölbter Refonanzboden eine
gröfsere Widerftandsfähigkeit gegen den fchweren Druck der Saiten und eine
gröfsere Elafticität vor einer gewöhnlichen Refonanzplatte voraus hat. So wäre
durch diefe Neuerung nicht nur eine gröfsere Dauerhaftigkeit für das Piano erzielt
worden, fondern für den Ton auch ein Gewinn an Qualität für die Zeit des
Gebrauches wie bei der Geige in Ausficht zu ftellen. Eine genauere Prüfung der
mit diefer Neuerung verfehenen Inftrumente des Herrn Beregfzafzy fowohl wie
des Herrn Ehrb ar hat erwiefen, dafs der Refonanzboden mächtig anfprach, der
Ton fich befonders durch Volumen und Klangfülle auszeichnete, aber an "Wohllaut
gegen den Ton der Inftrumente mit flacher Refonanz aus denFabriken der beiden
Meifter zurückftand. Demnach hätten wir es wohl vor der Hand noch mit einem
Problem zu thun, aber mit einem Problem von grofser Tragweite, das einft dem
Pianobau eine neue Bahn eröffnen dürfte und zu einer höherenTheilnahme berech
tigt ift. Nun hat aber jüngft ein Clavierfabrikant inPrefsburg, Herr Carl Schmidt,
in der Ausftellungszeitung der „Neuen freien Preffe“ vom 17- Auguft 1873 das
Verdient! diefer Erfindung für feine Firma in Anfpruch genommen und erklärt,
dafs fchon fein Vater vor 1829 durch fechs volle Jahre Pianos mit Solchem
Refonanzboden verfertigt habe. Im Weiteren aber bekennt Herr Schmidt