Mufikalifche Inftrumente.
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An Frankreich reihte fich England, wenn man die Anzahl der Inftrumente
zum Mafsftabe nimmt, in Betreff der Firmen jedoch war die englifche Pianofabri
cation ungemein dürftig vertreten. Nur zwei Firmen, Kirkmann und Henry A.
Ii'ori & Comp, in London haben es unternommen, für den Ruf ihres Landes in
die Schranken zu treten. Kirkmann hat im Ganzen 9 Inftrumente geftellt, nämlich
i grofsen Flügel, 2 Salonflügel, 1 Stutzflügel, fämmtlich geradfaitig, der letztere mit
eifernen Rahmen; 1 Pianino oblique, 4 Pianinos vertical. Den Flügeln ift ein
gefangvoller, gut egalifirter, wenn auch nicht fehl* ausgiebiger Ton eigen. Den
heutigen Anforderungen an Ton und Spielart entfpricht am meiften der Stutzflügel,
an dem nur die Dämpfung etwas präcifer fein könnte. Auch die Pianinos find im
Ganzen und Grofsen recht verdienftvolle Fabricate.
Die Fabrik Ivory hat drei Pianinos gebracht, unter ihnen eines mit Sticke
reien. Die Letzteren bilden das einzige Werthvolle an diefen vorgeführten
Werken.
Rufsland hat dagegen eine weit regere Theilnahme an der Wiener Welt-
ausftellung bewiefen. Die erften Firmen aus Petersburg, Moskau, Warfchau und
Odeffa begegneten uns in der ruffifchen Abtheilung. Der Vorrang gebührt der
Firma C. M. Schröder in Petersburg, welche einen vorzüglichen Flügel mit
kreuzfaitigem Bezug und englifcher Mechanik geliefert hat. Die Firma wurde von
Johann Friedrich Schröder, Vater des jetzigen Befitzers im Jahre 1818 gegründet.
Derfelbe baute zuerft nur tafelförmige Pianos, fpäter auch Flügel und erhielt auf
der Petersburger Induftrie-Ausftellung 1839 die filberne Medaille. Der jetzige Chef
und Inhaber des Gefchäftes erlernte den Pianobau bei feinem Vater und arbeitete
fpäter bei den Herren Pape & Henri Herz in Paris und bei Bond & Erard in
London. Nach dem Tode feines Vaters übernahm C. M. Schröder 1852 die Lei
tung der Fabrik und fuchte allmälig die erworbenen Erfahrungen bei feinen
Pianos zu verwenden. Mit der Petersburger Induftrie-Ausftellung 1861 nahm das
Gefchäft einen grofsartigen Auffchwung. Die Schröder’fche Pianofabrik liefert nach
Angabe jährlich gegen 35° Inftrumente, meift Flügel, auch Pianinos und be-
fchäftigt gegenwärtig im Haufe 118 und aufserhalb desfelben 43, im Ganzen circa
ibo Arbeiter, denen in letzter Zeit durch Einführung verfchiedener Hand-
mafchinen befondere Erleichterungen zu Theii geworden find. Der in der Aus-
ftellung gezeigte Flügel ift von fehl* folider Bauart und zeichnet fleh durch
einen frifchen , ungemein kräftigen, modulationsfähigen und namentlich fehl*
warmen Ton aus. Die Spielart ift angenehm und das Aeufsere fehl* gefchmackvoll.
Leider kann man ein gleiches Lob nicht den zwei hier ausgeftellt gewefenen
geradfaitigen Flügeln der noch vor nicht langen Jahren fo hochangefehenen
Firma J. Becker fpenden. Der Ton beider Flügel ift dumpf und ungleich,
wenig modulationsfähig. Die Idee, die Saiten unter den Stimmftock gehen zu
laffen, wie es bei dem einen Flügel der Fall ift, ift weder neu, noch verleiht
fle dem Inftrument einen befonderen Werth. Der Befchaffenheit diefer Aus-
ftellungsobjetfte nach zu urtheilen, dürfte die Fabrik unter der Leitung ihres
gegenwärtigen Befitzers im Rückgang begriffen fein. Ein treffliches Inftrument
hatte die Firma Kral & Sailer in Warfchau eingefendet, nämlich einen iiber-
faitigen Concertflügel mit Repetitionsmechanik. Der Ton ift grofs, dabei edel
und klar, die Spielart ift zwar etwas fchwer, aber nicht gerade unbequem, die
Arbeit gediegen. Aus Warfchau find noch die Firmen Andreas Plofer und
Malecki zu nennen. Die erfte lieferte einen grofsen überfaitigen Flügel
mit Stofszungen-Mechanik und einen Stutzflügel mit kreuzfaitigem Bezug. An
dem Ton des erften läfst fleh ein Mangel an Nobleffe ausfetzen, der des
zweiten entwickelt einen etwas fchneidigen Charakter, der fleh bei dem
Gebrauche des Pedals mildert. Beiden ift übrigens eine leichte und präcife
Spielart eigen.
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