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Volltext: Musikalische Instrumente (Gruppe XV), officieller Ausstellungs-Bericht

Eduard Schelle. 
ein wahres Sturzbad von Klängen verfchieclenfter Art auszuhalten gezwungen war 
Wir haben jedoch das Ohr nicht fo in unferer Macht wie das Auge und der Ein 
druck einer Klangwirkung wird durch andere Klangeffede unmerklich, ja nur zu 
leicht bis zu dem Grade verwifcht, dafs die Erinnerung keinen ficheren Mafsftab 
mehr darbietet. Ferner beruht der Werth eines mufikalifchen Inftrumentes in erfter 
und letzter Inftanz nur auf dem Ton, und diefer bedarf wieder einer akufüfch 
gebauten Räumlichkeit, um fich gehörig zur Geltung zu bringen. Da für folche 
keine Sorge getragen war und in der That bei dem adoptirten Plane auch keine 
getragen werden konnte, fo lief das Urtheil nicht feiten Gefahr, in Täufchungen 
zu verfallen und gegen die Gerechtigkeit zu verftofsen. Befonders drückend war 
diefer Uebelftand bei den Saiteninftrumenten, Pianos, Geigen u. f. w., deren 
Stärke bekanntlich nicht in einer weit dringenden Schallkraft liegt. Möchten nur die 
hier gemachten Erfahrungen bewirken, dafs man bei künftigen Expofitionen diefem 
wichtigen Zweige der Kunft und Induftrie eine ähnliche Aufmerkfamkeit erweift, 
wie man fie anderen Objedlen, beifpielsweife den Gegenftänden der bildenden 
Künfte, zuzuwenden für Pflicht hält. 
Die Mufikinftrumente kommen auf Aufteilungen nach zweierlei Seiten hin 
in Betracht. Einerfeits find fie die künfllerifchen Mittel und daher nach dem 
Grade ihrer Verwendbarkeit im Dienfte der Kunft abzufchätzen, anderfeits haben 
fie aber auch als Objedle eines mduftriellen Betriebes Bedeutung, und verlangen als 
folche einen eigenen Werthmeffer. Tn diefer Eigenfchaft umfafst ihre Familie auch jene 
Ton-Werkzeuge, welche keinem künfllerifchen Zwecke dienen, fondern, fei es als 
freie, für fich beftehende Klangwerke, fei es als technifche Kunftftücke und 
mufikalifche Spielwaaren, um diefen Ausdruck zu gebrauchen, eine Rubrik aufser- 
halb der Grenzen der Kunft bilden und fomit gewiflermafsen das Proletariat unter 
den Tonmitteln vertreten. Aber auf dem neutralen Boden einer Induftrie-Aus- 
ftellung geniefsen diefe Proletarier die vollkommenfte Gleichberechtigung mit 
den edelften Organen der Kunft; fie dürfen dasfelbe Intereffe, diefelbe Gewiffen- 
iiaftigkeit in ihrer Beurtheilung beanfpruchen, wie die Letzteren. Die einzige 
Bevorzugung, auf welche die Kunft zu dringen befugt ift, befchränkt fich nur 
darauf, dafs bei der Claffification der verfchiedenen Gruppen die herkömmliche 
Rangordnung aufs ftrengfte eingehalten wird. Nach derfelben flehen zifOberft 
diejenigen Inftrumente, auf weichen der Ton vermitteln: Taften erzeugt wird. Sie 
verdienen diefen Vorrang, weil fie an Ausdruckmitteln am vielfeitigften aus- 
geftattet find; mit ihnen hat alfo der Bericht feinen Anfang zu nehmen. 
TASTEN - INSTRUMENTE. 
Orgeln. 
Im Vordergründe diefer Gruppe fleht die Orgel als die Königin des Ton- 
reiches. Der Titel gebührt ihr nicht nur wegen ihrer gewaltigen, erhabenen 
Klangwirkung, fondern weil fie allein unter allen Inflrumenten in ihrem Schoofse 
fämmtliche Töne einfchliefst, die in der Mufik zur Anwendung gebracht werden ; 
fie umfafst nämlich nicht weniger als einen Tonumfang von 8 Octaven, deren 
Grundtöne von dem grofsen Contra C mit 1Ö5 Schwingungen in der Secunde und 
j2 Fufs Tonmafs bis zum fünfgeflrichenen Cmit 4228 Schwingungen in der Secunde 
hinauffleigen. Natürlich liegt diefer Tonumfang nur in den verfchiedenen Stimmun 
gen, welche das Werk enthält, wird aber nicht durch eigene Taflen ausgedrückt, 
denn das Clavier oder Manual reicht nicht über 4 oder höchflens 4^/3 Ocflaven 
hinaus, das Pedal umfafst deren nur 2 1 / 3 . Aber auch fchon kraft ihres Stammbaumes 
darf die Orgel den Thron in dem Reiche der mufikalifchen Inftrumente bean 
fpruchen, denn ihre Anfänge reichen in die graue Vorzeit hinein und verknüpften 
fich fogar mit der Mythologie; wir erkennen fie nämlich in der alten Panflöte,
	        
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