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Volltext: Wiener Silber 1780 - 1866 : Tabaksdosen

Aber nicht nur Maschinen suchte man, wie Colas, aus dem Ausland zu importieren; man 
bemühte sich auch um ausländische Fachkräfte. Der landesbefugte Goldgalanteriewa 
renfabrikant Karl Albrecht Bock (Hofkammerarchiv Wien, Kommerz, rote Nr. 263, 3 ex 
1798) bat um Ertheilung eines Passes für seinen „von Genf gebürtigen Gesellen August 
Heberger, dann seiner Gattin zur Anherreise, und zwar, weil selber schon vorhin einige 
Jahre hier gewesen, und nur bey der im vorjährigen Frühlinge eingetrettenen Feindes 
gefahr, wo gemäß erlassenen Befehls alle Fremde die Stadt Wien binnen 3 Tagen verlas 
sen mußten, in sein Vaterland zurückzukehren sich genöthiget sah ... Hebergers be 
sondere Geschicklichkeit wurde entsprechend hervorgehoben (Hofkammerarchiv Wien, 
Kommerz, rote Nr.263, 3 ex 1798): 
„ . .. übrigens sey Heberger im Graviren besonders der geringen Goldgalanteriewaaren, 
dann der messingenen Sackuhrgloken vorzüglich geschickt, habe sich immer während 
der zwey Jahre, als er allhier für den Bittsteller in seiner eigenen Wohnung gearbeitet, 
sehr fleißig, und ruhig betragen, und sey überhaupt ein häuslicher, und wohlgesitteter, 
dann rechtschaffener Mann gewesen, wie dann auch ferner sein Eheweib im Ausschnei 
den der gravirten obbenannten Arbeiten eine gleiche Geschicklichkeit besitze, und da 
her dem Bittwerber, bey dem dermaligen Mangel an so geschickten Leuten, unentbehr 
lich wären. “ 
Neben dem Hinweis auf die besonderen Fähigkeiten von Heberger und seiner Frau ist 
auch die Tatsache bemerkenswert, daß diese offensichtlich in Heimarbeit für Bock tätig 
waren („in seiner eigenen Wohnung“). 
In Österreich sind für das 19. Jahrhundert zahlreiche Privilegien auf das Drücken, Wal 
zen, Pressen, Stanzen von Blech nachgewiesen, von denen einige im folgenden kurz er 
wähnt, im zweiten Band meines Katalogwerkes näher besprochen werden: 
Daniel Stubenrauch verwendete für seine Methode eine Ober- und Unterstanze mit 
einer Ledereinlage (Beschreibung 2/1842, S. 18). 
Benedikt Nikolaus Ranninger und Wolf Heinrich Ranninger erfanden eine neue Druck- 
und Drehmaschine mit einer stehenden Spindel, womit dem Golde und Silber jede belie 
bige Form gegeben werden konnte (Jahrbücher 16/1830, S. 388; Beschreibung 2/1842, 
S. 208: erloschen 1834). 
Eine sehr detaillierte Beschreibung gibt es von den verschiedenen Möglichkeiten ma 
schineller Erzeugung von Metallobjekten durch die bekannte Firma Mayerhofer & Klin- 
kosch (Beschreibung 2/1842, S. 245): das betreffende Privilegium wurde 1823 erteilt, 
1833 verlängert und erlosch 1838. 
Franz Gindorff erhielt ein Privilegium zur Verfertigung runder Arbeiten mittelst einer Vor 
richtung an der Drehbank (Jahrbücher 16/1830, S. 393). 
Peter Stubenrauch erfand eine Maschine zur Verfertigung, Pressung und Streckung der 
Gold- und Silberarbeiten (Jahrbücher 14/1829, S. 382, 383). 
Auf die Privilegien, die im Zusammenhang mit dem vorliegenden Katalog relevant sind 
(Guillochieren, Nieliieren, Ätzen, Emaillieren etc.) gehe ich im Kapitel über die Dosener 
zeuger beim jeweiligen Privilegierten bzw. im Kapitel über österreichische Erfindungen 
und Privilegien ein. 
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STEPHAN EDLER VON KEESS: DIE GOLD = UND SILBERARBEITEN Einen guten Überblick über die Techniken der Gold- und Silberschmiede zur Zeit des Biedermeier gibt Stephan Edler von Keeß im Jahre 1823 (Darstellung des Fabriks = und Gewerbswesens im österreichischen Kaiserstaate. Vorzüglich in technischer Bezie hung. Zweyter Theil, Zweyter Band, Wien, 1823, S. 437-447): Die Gold = und Silberarbeiten. Gold = und Silberarbeiter ist im Allgemeinen zwar Jeder, der Gold und Silber verarbeitet, im engern Sinne aber versteht man unter dem Nahmen Goldarbeiter, Goldschmied, Silberarbei ter nur solche Professionisten, welche aus Gold und Silber verschiedene Geräthe, Geschirre, Galanteriewaaren und sogenannte Pretiosen verfertigen. Diese Arbeiter bilden im Jniande eigene Jnnungen, weiche allenthalben den k. k. Münzämtern untergeordnet sind, und für die Wiener Jnnung der bürgert. Gold = und Silberarbeiter besteht seit 18. October 1775 eine Handwerks = Ordnung. Die Lehrzeit ist darin auf 6 Jahre festgesetzt. Jeder Gold = und Silber arbeiter, der ein Meisterrecht oder Befugniß erhalten hat, ist hier nicht bloß zur Verfertigung der Gold = und Silbergefäße, sondern auch der Galanteriearbeiten befugt, weiche letztere keiner besondern Gewerbsclasse zugewiesen sind. Die Befugnisse hierzu dürfen aber nur solchen Jndividuen ertheilt werden, weiche bey dem Hauptmünzamte in der Legirung des Goldes und Silbers und in der Münzrechnung Prüfung gemacht, bey der Graveur = Akademie im Zeichnen und Bossiren Proben ihrer Fähigkeit abgelegt, und endlich die eigentlich Ar- beits = oder Meisterprobe verfertiget haben. Diese Meisterstücke sind nach der Jnnungs = Ordnung: bey den Silberarbeitergesellen ein getriebener und vergoldeter Kelch, oder ein an deres verkäufliches Stück, woran die Kunst des Gesellen hinlänglich zu ersehen ist; bey den Goldarbeitergesellen ein mit echten Steinen gefaßtes Schmuckstück, z. B. ein Kamm, Orge- hänge etc.; bey den Galanteriearbeitergesellen eine gravirte und ciselirte goldene Dose oder ein anderes zum Beweise der erforderlichen Fähigkeit wohl ausgearbeitetes Stück. Übrigens bestehen für die Gold = und Silberarbeiter noch viele politische Anordnungen, welche, in so weit sie auf das Gewerbe als solches Beziehung haben, am gehörigen Orte in Kürze berührt sind. Die Gold = und Silberarbeiter verarbeiten Gold und Silber, zuweilen auch Platina, und bedie nen sich hierzu verschiedener Mittel, Handgriffe und Werkzeuge. Das Gold darf nur auf fün- ferley Art legirt verarbeitet werden: 1) mit reinem Silber, 2) mit reinem Kupfer, 3) zur Hälfte mit Silber und zur Hälfte mit Kupfer, 4) mit % Kupfer und 1 / 3 Silber, 5) bey emaillirten Arbeiten mit % Silber und 1 / 3 Kupfer. Goldwaaren, weiche 4 Ducaten und darüber wiegen, sollen nur nach drey Nummern gearbeitet werden, so, daß das Gewicht eines Ducaten bey Nr. 1: 1 fl. 30 kr., bey Nr. 2:2 ff 30 kr., bey Nr. 3: 3 ff 30 kr. an feinem Golde hält (vgl. Th. I. Metalle); alle minderen Waaren bleiben dem Übereinkommen des Käufers und Arbeiters überlassen. Das Silber darf nur mit rothem Kupfer legirt seyn, und soll 13 oder 15löthig verarbeitet werden (vgl. Th. I. Metalle). Das Scheiden und Abtreiben ist keinem Gold = und Silberarbeiter gestat tet, sondern diese Arbeiten sotten immer in den Münzämtern geschehen. Die Silberarbeiten theiien sich vornehmlich in die Hammerarbeit, die getriebene, die Punzar- beit und die Filigranarbeit, daher es in den Werkstätten der Silberarbeiter auch mehrerley Ge sellen gibt, z. B. Hammerarbeiter, welche das Silber zu Gefäßen ausschlagen (treiben), und Punzarbeiter (Ciselirer), welche mit Punzen die verschiedenen Verzierungen machen u. s. w. Die gehämmerte oder geschlagene Arbeit ist die einfachste von allen, und unterscheidet sich wenig von anderen Metallarbeiten. Viele Arbeiten werden durch das Gießen vorbereitet. Der Goldarbeiter verfertiget nähmlich zuerst ein Modell, druckt selbes in der Gießflasche, worin feiner Formsand sich befindet, ab, und gießt in diese Gießflasche das geschmolzene Gold oder Silber. Manche pflegen dabey dem Golde die Sprödigkeit dadurch zu benehmen, daß sie dasselbe im Schmelztiegel weich werden lassen, bis es nahe daran ist, zu fließen, und dann etwas gepulverten Salpeter darauf werden; beym Silber aber ist roher Weinstein in Stücken besser, als der Salpeter. Es entsteht ein kleiner Bück, und in demselben Augen blicke wird das Metall ausgegossen. Nicht alle Silberarbeiter gießen selbst, sondern die mei sten lassen bey den Gelbgießern gießen, weiche hierbey eben so verfahren, wie beym Me tall = oder Messinggusse (vgl. Geibgießer = Arbeiten). Insbesondere ist dieß bey Verzierun gen u. dgl. der Fall. Zu anderen Arbeiten gießen die Silberarbeiter Silberstangen in Gießbuk- 61
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