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Eduard Schelle.
Ruf, den fie auch in der Wiener Ausfüllung glänzend bewährten. Namentlich
find die Cellos, die Bratfchen und insbefondere die drei Geigen , welche
H. C. Sylveftre ausgeftellt, wahre Mufterinftrumente, fowohl nach Ton als nach
Fadtur. Auch die Violinen von Thibouville find höchft preiswürdig zu nennen.
Nicole Vouilleaume in der belgifchen Abtheilung gehört ebenfalls zu den
tonangebenden Firmen auf diefem Gebiete. Von ihm waren zwei Streichquartette
von trefflicher Mache ausgeftellt. Der Ton des Cello hat zwar etwas Herbes, der
Klang der Geigen dagegen ift warm und von echt altitalienifchem Klang.
Ein reichliches Contingent an Ausftellern lieferte zwar auch die italienifche
Abtheilung, allein die Leiftungen derfelben dienten nur dazu, den tiefen Verfall
Italiens in diefem einft von ihm in bis jetzt unerreichter Höhe entwickelten Ivunft-
und Induftriezweig ans Licht zu ftellen. Nur eine unter den vielen Firmen,
nämlich Enrico Ceruti aus Cremona, der Stadt der Amati, Guarneri, Stra
divari u. f. w. kann für ihre vorgeführten Violinen eine gewiffe Anerkennung
beanfpruchen ; diefelben reihen fich doch halbwegs nach Fatftur, Bauart und nach
Ton, der wohl ziemlich derb ift, noch an das Beffere an, was gerade in diefem
Zweige der Kunftinduftrie von den oben gedachten Ländern geliefert ift. Den
höchft betrübenden Rückgang, der im Geigenbau aus den hier vorhandenen
Streichinftrumenten hervortritt, kann eine neue Erfindung von Antonio Aloyfio
in Venedig, nämlich das Metallichord, um fo weniger ausgleichen, als diefes neue
Inftrument in keiner Beziehung nur einigermafsen künftlerifchen Werth bean
fpruchen darf. Das Metallichord bildet einigermafsen ein Pendant zur vorhin
erwähnten Stahlgeige, indem es einen Bezug von Stahlfaiten befitzt, unterfcheidet
fich aber in der Form wefentlich von diefer, wie überhaupt von der Violine. Der
Corpus hat am vorderen und hinteren Theil eine Verfchallung; die vordere ift
etwas niederer als die andere. Statt der A-Löcher befindet fich an der rechten
Zarge ein rundes Schallloch. Die vier Stahlfaiten laufen über zwei Stege. Die
felben ruhen mit einem Fufs auf einem dritten, unter der tiefften Saite auf dem
Refonanzboden entlang ziehenden niedrigen Bafsfteg. Unter dem Griffbret
befindet fich ein zweites, ebenfalls mit vier Stahlfaiten und einem zum Behufe der
Stimmung beweglichen Steg und Wirbeln; diefe vier Saiten werden“ nicht
geftrichen, fondern haben den Zweck, mitzuklingen, und follen die Wirkung der
oberen verftärken. Der Stimmftockbefindet fich in der Mitte des Inftrumentes und
nicht wie bei Geigen nach der linken Seite zu. Die beiden tieferen Saiten find
befponnen und die Stimmung ift die der Bratfche. Das Inftrument leidet von vorn
herein an dem Hauptfehler einer durchaus uncorrebten Menfui, d.e i acfur ift
ziemlich roh, der Ton hart und fchneidig.
Unter den in der italienifchen Abtheilung vorhandenen neuen Streichinftru
menten ift auch noch eine kleine Geige mit einem mandolinförmigen Corpus und
drei in Quinten geftimmten Saiten. Statt der .A-Löcher finden fich zwei rhomboiden-
förmige Einfchnitte mit einem Loch in der Mitte des Holzes , das von ihnen
umrahmt ift. Der Klang des Inftrumentes ift nicht übel und hat eine Aehnlichkeit
mit dem Quintaton der Orgel. Nächft C e r u t i und Al o y fi o wären noch her
vorzuheben: Marconi Antonio in Conegliano, Trevifo, mit zwei Contrabäffen
von fchönem, markigem Ton, und Fiorini Raphaele in Bologna, unter deffen
Inftrumenten fich eine Violine durch einen weichen und angenehmen Ton hervor'
thut. Doch dürfte fie fchon oft gefpielt fein und verräth auch im Weiteren manche
Symtome eines höheren Alters; eine andere, welche entfchieden das Gepräge
der Neuheit hat, ift als ein durchaus mifslungenes Inftrument zu bezeichnen; ein
Cello desfelben Ausftellers erhebt fich ebenfalls nicht über eine dürftige Mittel-
mäfsigkeit. Zur Vervollftändigung führen wir noch die weiteren Firmen an.
nämlich: G i o f f r e d o Benedetto in Turin : Violinen, eine Viola und ein Violoncell;
Melegari fratelli Enrico e Pietro in Turin: Violinen, eine Viola, Violoncell;
Guadagnin i Antonio in Turin: zwei Violinen nach A. Stradivari, jede zu
i^o Lire, eine Viola nach A. Stradivari zu 200 Lire; Orzero Tommafo in