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Volltext: Musikalische Instrumente (Gruppe XV), officieller Ausstellungs-Bericht

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Eduard Schelle. 
bewirken; denn was jener Meifler dem Inftrumente zugemuthet hat, vermag heute 
kein Trompeter zu übernehmen, aber auf der anderen Seite kann das Inftrument 
in diefer Form den Bedürfniffen des Orchefters nicht mehr entfprechen. 
Das Horn alfo und die Trompete forderten fchon frühzeitig, als die reni 
tenteren unter den Blechinftrumenten, den Scharffinn zur Verbeiferung ihres 
Mechanismus heraus. Ein grofser Fortfehritt war fchon die Erfindung der foge- 
nannten Inventionshörner, welche Hampel in Dresden, in der Mitte des vorigen 
Jahrhundertes zu verdanken ift. Die Conftrudlion war derart, dafs man jetzt ein 
einziges Horn für alle Tonarten brauchen konnte, indem man nämlich Krumm 
bogen von verfchiedener Länge, je nachdem der Grundton der Tonarten fie erfor 
derte, in die Röhre einfehieben und diefe fomit nach Belieben umftimmen 
konnte; allein die Hauptfache blieb doch immer, die vollftändige chromatifche 
Scala auf dem Inftrumente, ohne Beihilfe des Stopfens zu ermöglichen. Mit der 
Trompete hatte diefs fchon im Jahre 1802 Weidinger durch ein Klappenfyftem 
erzielt, allein der Ton erlitt dadurch eine zu grofse Einbufse an Charakter und 
Klang, als dafs man aus diefer Erfindung für den Orcheftereffedt einen weittragen 
den Nutzen ziehen konnte. Die Klappentrompete war im Grunde nur als Solo- 
und Concertinftrument zu verwenden, und den Bedürfniffen der nur auf Harmonie- 
mufik angewiefenen Militärcapellen gefchah dadurch keine durchgreifende 
Abhilfe. Da trat 1815 Stölzel aus Plefs in Oberfchlefien mit feinem Mäfchinen- 
fyftem hervor und damit beginnt eine neue Aera für den Bau der Blech-Blas- 
inftrumente. 
Die Mafchinen nämlich beftanden in zwei kleinen Röhren, welche, oben 
gefchloffen, an zwei Punkten ihrer Höhe, aber quer durchbohrt, in den beiden 
Enden des angefügten Bogens mittelft einerFeder fich auf- und abfehieben liefsen. 
Sie hiefsen Wechfel, in Deutfchland wurden fie Mafchinen, in Frankreich Piftons 
genannt. Diefe Erfindung nahm der Metall-Blasinftrumentenmacher Adolf Sax 
in Paris auf, erfetzte aber beide Röhren durch eine einzige, gröfsere Schubröhre, 
welche nach ihrer Form Cylinder hiefs. Uebrigens hat es mit der Erfindung des 
Herrn Adolf Sax feine eigene Bewandtnifs. So fchreibt der königlich preufsifche 
General-Mufikdiredlor, Herr W. Wiep recht, vom 4. April 1867 an den Mufik- 
Inftrumentenmacher V. I'. Cerveny in Königgrätz*: „Im Jahre 1844 — fo ich 
mich erinnere — trat Herr Adolf Sax mit feinen fogenannten Saxhörnern in Paris 
als Erfinder derfelben, an welchen er fich meiner Pumpventile unverändert bedient 
hat, auf. AVas aufser diefen als Erfindung derSaxhörner conflatirt werden kann, das 
wird wohl jeder Fachmann einfehen; felbft die aufrecht flehende Form feiner 
Saxhörner war nicht neu, indem fchon 1835 meine Bafstuba in diefer Form exiftirte 
und auch in Oefterreich die Bombardone und noch viel früher in Paris die Ophi- 
kleiden diefe aufrechte Form führten.“ Die angeführten Pumpventile find nichts 
Anderes als die Saxventile, und die Ehre der Erfindung hätte daher nach diefem 
Schreiben nicht Sax, fondern W1 ep r e ch t zu beanfpruchen. Aber auch mit den 
fpäteren Erfindungen des Herrn S ax, welche auf der Parifer AVeltausftellung 1867 
fchwer in die AVagfchale zuGunften desfelben fielen, verhält es fich fehr bedenklich. 
So z. B. die Blechinftrumente mit fechs erhöhten Piftons, „piftons ascendents“, 
welche das Rohr verkürzen und fomit die Note um einen halben Ton erhöhen, ftatt 
ihn, wie bei unteren Mafchinen, zu vertiefen. Diefelbe Anzahl von Ventilen hat bereits 
Wieprecht 1835 bei feiner Tuba angewendet; die erhöhenden Piftons flammen 
aus Rufsland her, und wurden als unpraktifch zur Seite gelegt. Ebenfo verhält 
es fich mit dem drehbaren Schallbecher, welcher bereits 1849 > n Oefterreich 
bei einem Altinflrument, Cornotragone, in Anwendung gebracht wurde. Ebenfo 
wenig hat die Anwendung von Klappen und Piftons d-as Anrecht auf das Ver- 
dienft einer Neuerung, da fie bereits fchon früher in Baiern in Gebrauch 
* Denkfchrift über öfterreichifche und franzöfifche Metallinftrumente von V. F. Cerveny, 
Königgrätz 1868. Selbftverlag.
	        
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