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Eduard Schelle.
Werth feiner Leiftungen auf die möglichfle Reinheit der Stimmung und des Ton
charakters legt, als wenn er in fruchtlofen Künfteleien fich verfucht. Nur dann,
wenn die Fabrication auf den Grundlagen diefes Principes fufst, wird fich der
grofse Auffchwung der Blech-Blasinflrumente, von dem uns die Ausheilung ein fo
erfreuliches Bild entrollte, einen wahren und erfpriefslichen Fortfehritt gebären.
Befaitete Schlaginftrumente.
In diefer Familie fleht obenan die Harfe, denn fie bildet den Uebergang
von den eigentlichen Kunflinflrumenten zu denen, welche ohne eine künftle-
rifche Beftimmung nur zur Unterhaltung dienen.
Die Gefchichte der Harfe reicht bis ins graue Alterthum zurück. Bekannt
lich befafsen fchon die alten Aegypter harfenartige Inftrumente von fchöner Form,
auch das biblifche Kinor dürfte in diefe Gattung eingereiht werden können,
wenngleich es nur dem blofsen Saitenfpiel diente.
In der äufseren Form hat fich das Grundprincip bis auf den heutigen Tag
erhalten, denn auch der modernen Harfe liegt die urfprüngliche Dreieckform zu
Grunde, nur mit dem Unterfchiede, dafs bei den alten Inflrumenten zwei
Schenkel der Corpus bildete, der dritte Schenkel aber durch die längfte Saite
gegeben wurde, fo wenigftens läfst fich das Ausfehen der alten Harfen nach
den vorhandenen Ueberlieferungen vermuthen.
Der Corpus der heutigen Harfe befteht aus vier Haupttheilen : dem
Fufs, dem Refonanzkaften, dem Hals und dem Vorderholz.
Der Refonanzkörper, d. i. der dem Spieler zugekehrte Theil, meift
in Form einer halbrunden Schale, deren Platte vom Fufse fich nach dein Hälfe
hin verjüngt, enthält der Länge nach eine Art Steg als Saitenhalter.
Der Hals ift es vornehmlich, welcher durch feine graziöfe, an den
Hals des Schwanes erinnernde Biegung dem Inftrumente diefe elegante und
anmuthige Form verleiht.
Unter den drei bekannten Arten, nämlich der einfachen Harfe, der
chromatifchen und der enharmonifchen Pedalharfe, erweifl fich die letztere als
die brauchbare für die heutigen künftlerifchen Aufgaben.
Die erfle, die gewöhnliche Harfe, hatte urfprünglich einen Tonumfang
vom grofsen C bis zum dreigeflrichenen F in der diatonifchen Stufenfolge.
Sollte alfo ein Halbton gegriffen werden, fo mufste dies durch einen Finger
druck an der betreffenden Saite erzeugt werden.
Um die Manipulation zu erleichtern, hat im XVII. Jahrhundert ein
Tiroler Meifter kleine, drehbare Scheiben mit Häkchen am Hälfe angebracht,
wodurch die Verkürzung der Saiten erleichtert wurde.
Eine weitere bedeutende Vervollkommnung erfuhr das Inftrument durch
einen deutfehen Künftler, Hochbrucker bei Donauwörth, im Jahre 1720. Derfelbe
erfand einen Pedalmechanismus, vermitteln deffen die chromatifche Erhöhung
durch die Füfse bewerkftelligt wurde.
Diefer Mechanismus beftand aus heben Pedalen, welche nicht nur nieder
gedrückt, fondern auch in der Lage eingehängt werden konnten.
Ein bedeutender Fortfehritt war die Erfindung eines Deutfehen, Becker
■ in London, der durch eine Vorrichtung die Erzeugung von Vierteltönen ermög
lichte. So entftand alfo die enharmonifche Harfe , welche durch die Hand
Erard’s 1820 ihre bis jetzt höchfte Vollendung erhielt. Erard erweiterte die
Pedalrückung um das Doppelte, fo dafs jeder der heben Pedale nicht nur um eine,
fondern um zwei Stufen niedergedrückt werden kann.
Die Erard’fche Harfe fleht in 6’-b und hat einen Umfang von mehr als
sechs Oclaven.