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Volltext: Musikalische Instrumente (Gruppe XV), officieller Ausstellungs-Bericht

Mufikalifche Inftrumente. 
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Wenn Anfangs die Harfe vorwiegend nur zur Begleitung des Gefanges 
diente, hat fie fich heute fchon zum Orchefterinftrumente erhoben. Sie wird hier 
nicht nur zu Solofätzen, fondern hauptfächlich zum Ausfällen der Harmonie ver 
wendet. Trotzdem befchränkt fich heute die Fabrication von Harfen nur auf das 
Haus Erard, welches fie eigentlich auch nur par l’honneur de sa maison, weni 
ger aus materiellem Intereffe betreibt. 
Inder That gehörten die beiden einzigen Harfen auf der Ausftellung diefer 
Firma an, während diefelbe 1867 auf der Parifer Expofition gar nur durch eine 
vertreten war, ein Beweis, dafs diefes Inftrument an Verbreitung aufserordentlich 
verloren hat. Das Piano hat auch an ihm feine Allmacht ausgeübt und dasfelbe 
aus dem häuslichen Kreife vertrieben. 
Die beiden ausgeitellten Harfen E rard’s waren fowohl der äufseren Form, 
wie dem Tone nach wahre Prachtinftrumente. 
Ein Seitenflück zur Harfe bildet die Aeolsharfe, wo der Wind das Amt des 
Virtuosen verrichtet. Die öfterreichifche Abtbeilung wies zwei Exemplare davon 
auf, welche Lehmann & Comp, in Auffig und Neumann in Prag geliefert 
hatten. 
Mit der Harfe hat, wenn auch nicht in der Conftrudlion, dem Klange und 
der Beftimmung nach, die Guitarre eine gewiffe Verwandtfchaft; wie jene, dient 
fie zunächft zur Begleitung des Gefanges. Die Guitarre flammt aus dem Orient 
und wurde durch die Araber nach Europa gebracht. Sie hatte urfprünglich einen 
bimförmig gewölbten Körper, wie ihn noch jetzt die von den afiatifchen Völkern 
ausgeftellten Inftrumente diefer Gattung aufweifen; diefe primitive Form hat eine 
Seitenart, die Mandoline, beibehalten, die Guitarre dagegen einen flachen 
Deckel und einen flachen Refonanzboden angenommen, doch traf man fie auch 
auf der Ausftellung mit einem kürbisartigen Schallkörper als fogenannte Mando- 
linen-Guitarre an. 
In Europa hat fie fich ihren Boden hart erkämpfen miiffen; Prätori us 
befchreibt fie noch unter dem Namen Quinterna als ein Inftrument, d?ffen fich 
nur die „Ciarlatani“ bedienten, um Vilanellen und närrifche „Lumpenlieder“ zu 
fingen. 
Für ihre geringe Verbreitung im XVIII. Jahrhundert fpricht der Umftand, 
dafs, als die Herzogin von Sachfen-Weimar 1788 eine Guitarre aus Italien nach 
Weimar brachte, diefelbe fall alsein neuerfundenes Inftrument angeftaunt wurde ; im 
XIX. Jahrhundert fafste fie aber feilen Fufs und kam in die Mode als ein getreuer 
Dolmetfcher füfser Liebesempfindungen. In neuerer Zeit hat fie wieder in Folge 
der in weiteren Kreifen um fich greifenden mufikalifchen Bildung an Beliebtheit 
viel Einbufse erlitten. Die moderne Guitarre hat einen Bezug von fechs Saiten. 
Um das dürftige Inftrument für den Concertgebrauch nur einigermafsen zu quali- 
ficiren und den Umfang desfelben zu erweitern, wird häufig der Bezug durch 
einige tiefere Saiten, die fogenannten Contrabafs Saiten, zur Begleitung vermehrt, 
welche auf einem Seitenhalfe zu liegen kommen, und zwar ftanden Guitarren diefer 
Conftrudlion in der öfterreichifchen und deutfchen Abtheilung gegen die gewöhn 
lichen an Anzahl nicht zurück, die übrigens im Ganzen und Grofsen nur mäfsig 
zu nennen war. 
In Oefterreich brachten Guitarren: Wendelin Lux in Wien, Johann 
Bücher, Lutz & Comp, und Gebrüder Placht ebenfalls in Wien. Die 
Inftrumente der beiden erften Firmen zeichnen fich namentlich durch fchönen, 
vollen Ton aus. 
In der deutfchen Abtheilung war diefes Inftrument reichlicher vertreten 
als in der öfterreichifchen. Hier waren zu nennen die Firma G. Heidegger in 
Naffau mit drei Contrabafs-Guitarren; ferner Lorenz Kriener in Stuttgart, 
Michael Schüller in Mark - Neukirchen (Sachfen), M. Amberger in Mün 
chen; der Letztere brachte unter Anderem auch eine Guitarre mit doppeltem 
Boden; dann Vidlor Ein. Wettengel in Mark-Neukirchen. Die Inftrumente
	        
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