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Volltext: Musikalische Instrumente (Gruppe XV), officieller Ausstellungs-Bericht

Mufikalifche Inftrumente. 
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fchaft und ein werthvolles Surrogat für die Mufikliebhaber. welche ihrer Ver- 
hältniffe wegen Quartettvorträge entbehren miiffen. Ein folches Inftrument ift 
bereits aus der Ausftellung in Wien eingerückt und befindet fich im Clavier- 
falon von Bernherd Kohn. Ein Piano Quatuor mit Geigen, Clavier- und Cymbal 
conftrudlion fand fich auch von Barutto in Lyon vor. 
Mit dem angeführten Melo-Piano von Caldera & Broffi in Turin hat es 
infofern eine ähnliche Bewandtnifs wie mit dem Piano-Quatuor, als auch dort 
und zwar in einem noch höheren Grade als hier das Piano die Bafis des 
Mechanismus bildet. Derfelbe greift nicht gewaltfam wie jenes in das Con- 
ftrudlionsfyftem des Piano ein, er befteht nur in einer Vorrichtung, welche an 
dem Clavier angebracht wird, zu dem Zwecke, die Natur desfelben zu erwei 
tern ; allein diefe Erweiterung gefchieht auf Koften der Eigenart des Inftru- 
mentes, das Clavier als Melo-Piano fucht fich des Gefanges zu bemächtigen, 
wie fich das Piano-Quatuor des Streichorcheflers bemächtigt hat. Der Mechanis 
mus ift folgender. An einem runden Meffingftabe find kleine Blechhämmerchen 
mittels feiner Uhrfedern befeftigt, welche, wenn der Stab in Vibration gefetzt 
ift, in fchnellfter Bewegung beim Niederdruck der Taften auf die Saiten 
fchlagen und ein dauerndes Tönen derfelben erzeugen. Jener Meffingftab wird 
durch ein auf dem Boden des Inftrumentes angefetztes Triebwerk nach dem Willen 
des Spielers vermittelft eines Pedaltrittes in ftärkere und geringere Bewegung 
gebracht, wodurch man zugleich ein merkliches Crescendo und Decrescendo 
erzeugen kann. Das complicirte Triebwerk wirkt nach Aufziehen einer Feder 
ungefähr eine Viertelftunde lang. Das Triebwerk wird endlich durch ein Knieregifter 
beliebig in den Gang und aufser Gang gebracht. Es können vermittelft diefer 
Vorrichtung Accorde wie Einzeltöne in fanfter Schwebung ausgehalten werden. 
Der Effedl hat etwas von dem des Tremolo beim Gefang. Ein Vorzug diefer 
übrigens achtungswerthen Erfindung befteht darin, dafs man mit diefer Vorrich 
tung auch das Piano als gewöhnliches Piano benützen kann; als Melo-Piano wird 
das Clavier feinem eigenen Charakter entfremdet und geftaltet fich zu einem 
anomalen Inftrumente. Wahrhaft künftlerifche Elemente trägt diefe Erfindung 
durchaus nicht in fich. 
Mufikalifche Spielwerke. 
Wir wählen diefen Namen für die grofse Gruppe jener Inftrumente, welche 
fern von aller künftlerifchen Miffion nur als Erzeugniffe des in dem Menfchen 
allmächtig waltenden Spieltriebes anzufehen find. Sie haben im Weiteren noch 
die Beftimmung, demBedürfniffe nach mufikalifcherUnterhaltung in jenen Kreifen 
Genüge zu thun, in denen die nöthige Vorbildung für den höheren Kunftgenufs 
fehlt. Vom Standpunkte der Kunft können folche Inftrumente nicht in Betracht 
kommen, fie haben nur eine induftrielle Bedeutung als ein ergiebiger Handels 
artikel. Obenan in diefer Gruppe flehen wegen ihrer befonders künftlichen Con 
ftrudlion die automatifchen und mechanifchen Spielwerke, das heifst folche, bei 
denen die Thätigkeit des Spielers durch den Mechanismus eines Uhrwerkes erfetzt, 
oder, wie bei den letzteren auf eine rein mechanifche Manipulation, wie das 
Drehen einer Kurbel, befchränkt ift. 
Zu den Erfteren gehören die Orcheftrions, fo genannt, weil fie eine Nach 
ahmung des Orchefters bilden. Die Ausftellung führte deren nicht weniger als 
fünf vor, ein Beweis, wie fehr diefe Inftrumente an Beliebtheit gewonnen haben. 
Das Befte in diefem Zweige hatte unftreitig J. H. Heller in Bern geliefert. Von 
ihm waren zwei Orcheftrions ausgeftellt, bei denen an Wohlklang und Charak- 
teriftik der verfchiedenen Inftrumente Alles erreicht ift, was nur auf folchem 
Wege zu erreichen ift. Das eine, das gröfsere von beiden enthält 40 Regifter und 
633 Stimmen mit 12 Walzen; das zweite 9 Regifter und gegen 400 Stimmen; das
	        
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