/
r~r
Umgang mit Kupelwieser hat Ferstel bis zu seinem Tode
eine grosse Vorliebe für die Malerei an den Tag gelegt. Unter
den Radirungen und Kupferstichen alter Meister, die er mit
besonderer Vorliebe gesammelt hat, sind Albrecht Dürer,
Rembrandt, Martin Schongauer, Lucas Cranach und Alde-
grever zu nennen, und als passionirter Kunstsammler hat er
die Kunstlicitationen, so weit es seine Zeit erlaubte, besucht
und sowohl hier wie auf Reisen seine Kunstsammlung be
reichert. Er sammelte nicht, um eine Galerie zu erwerben,
sondern um sich mit Kunstwerken zu umgeben und seinen
Kunstsinn zu befriedigen. Seine Villa in Grinzing und die
Wohnung am Maximiliansplatz, die er sich mit feinem Ge-
schmacke eingerichtet hat, waren voll von Kunstwerken aller
Art, das Mobiliar seiner Wohnung, das nach seinen Zeich
nungen angefertigt wurde, ist mustergiltig und verdient ge
zeichnet und veröffentlicht zu werden.
Trotz der vielen Auszeichnungen, die ihm zu Theil
geworden und in Folge deren er auch in den Freiherrn
stand erhoben wurde, blieb er stets seiner bürgerlichen Ge
sinnung treu. Das, was man Stolz nennt, blieb ihm voll
kommen fremd. Seinen Stolz bildete die Anerkennung seiner
künstlerischen Leistungen, und er war allerdings empfind
lich, wenn ihm diese nicht von jenen Kreisen gezollt wurde,
auf deren Anerkennung er eine Berechtigung zu haben
meinte. Er war ein gerngesehener Gast in dem kunst
sinnigen Kreise der Fürstin Hohenlohe, und er verkehrte
viel mit den Erzherzogen Carl Ludwig und Ludwig Vic
tor, die ihn mit Aufträgen beehrt haben. Mit Erzherzog
Carl Ludwig stand Ferstel seit dem Tode des Erzherzogs
Maximilian in näheren Beziehungen. Er baute die Villa
des Erzherzogs Carl Ludwig bei Reichenau und restau-
rirte und richtete dessen Palais in der Favoritenstrasse ein.
Erzherzog Carl Ludwig war der Protector des Cottage
viertels bei Währing; Ferstel fand da einen Anlass, den
Namen des Erzherzogs dauernd mit den grossen, von hu
manitären Bestrebungen getragenen Bauunternehmungen zu
47