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Volltext: Heinrich Freiherr von Ferstel

Werke, unter denen nur die protestantische Schule, die Parade des Palais Sina, der 
Heinrichshof und das Palais Erzherzog Wilhelm genannt werden möchten, hast Du in 
so überzeugender Weise die alleinige Berechtigung der classischen Architektur auf 
dem Gebiete unseres Profanbaues nachgewiesen, dass diese Richtung fortan die mass 
gebende blieb. 
Weit grossartigere Aufgaben hat die spätere Zeit Deinem unermüdlichen 
Wirken Vorbehalten. Von entscheidendem Einflüsse für die allgemeine architektonische 
Entwicklung sind unbedingt Deine Werke aus den sechziger Jahren, welche Klarheit 
in die Zeit grosser Rathlosigkeit brachten. 
Das heutige Fest wird Gelegenheit bieten, Dein reiches künstlerisches und 
lehramtliches Wirken von allen Seiten in verdienter Weise zu beleuchten. 
Ich habe mich gedrängt gesehen, Dein Wirken vom grossen reformatori- 
schen Standpunkte zu kennzeichnen. Wie sich die Wandlung allmälig in Dir selbst 
vollzogen hat, so hat sich dieselbe auch auf unsere Verhältnisse übertragen. Solche 
Impulse haben alle nur eine begrenzte Nachwirkung. Während die in dem verhältniss- 
mässig kurzen Zeiträume von kaum anderthalb Decennien vollzogene Neugestaltung 
Wiens so viel des Vortrefflichen enthält und namentlich durch seine Charakteristik 
bemerkenswert!! bleiben wird, machen sich nun bereits ganz andere Strömungen 
geltend, über die vielleicht besser hier geschwiegen wird. Welche Wand 
lungen dieselbe aber unter den vorwaltenden Einflüssen und durch die Impulse 
grösserer und kleinerer Talente auch erfahren mag, so hat die Wiener Archi 
tektur doch durch die eben geschilderte Bauthätigkeit eine bestimmte, nicht 
ganz zu erschütternde Grundlage gewonnen. 
Wenn, wie Dir in den Sternen vorgezeichnet war, die attische Kunst Dein 
Glaubensbekenntniss im reifen Mannesalter werden musste, so hast doch gerade Du 
zuerst in Wien die feinen Formen der italienischen Renaissance zur Anwendung ge 
bracht; die mit immer grösserer Klarheit zu Tage tretende Vorstellung von ewig 
wahren und gütigen Schönheitsgesetzen, die ja in der antiken Baukunst ihren voll 
endetsten Ausdruck finden, die den schwankenden und wechselnden Versuchen ent 
gegengestellte Thatsache vollendeter Werke, an welchen allgemein gütige archi 
tektonische Gesetze zum Ausdruck kommen, und der damit gelehrte Cultus des 
Schönen, das wird das unvergängliche Verdienst Deines Wirkens bleiben. Spätere 
Generationen werden Deinen Antheil an unseren Kunstzuständen noch besser wür 
digen als wir und gerne wird man zugestehen, dass das in schweren Kämpfen von 
Dir muthig Errungene ganz das Resultat einer überzeugungstreuen, unbeugsamen, 
gottbegnadeten Künstlernatur ist. 
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