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Volltext: Bericht über die Weltausstellung zu Wien im Jahre 1873

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darzustellen lieben, ohne dass ein quer gestochener Schatten die 
Gleichniässigkeit der Stiche und das Schillern der Farbe unter 
bräche. Hahn und Henne, Drachen und dickköpfige Hunde, ein 
Storch ähnlicher, ihnen heiliger Vogel, und vor Allem die Farben 
pracht des Pfauengefieders sind ihnen Lieblingsvorwürfe; eine 
Decke von dunkelblauem Atlas, bedeckt mit Wasserpflanzen und 
Blüthen, durch Vögel, Libellen und Schmetterlinge jeder Art 
belebt, bildete ein Prachtbild der Ausstellung. Auch schwarzer 
Atlas mit verschiedenartig gefärbten Goldfäden ä point-couehe 
oder couchure plate, gestickte Kissen, Ledergiirtel, Brillenfuterale, 
Taschen und Täschchen in jeder Art von Goldstickerei, Pracht 
gewänder der Würdenträger oder schwarze Atlas-Frauengewänder 
bis zum Knie und theilweise auf dem Bücken mit Stickereien 
bedeckt, Fächer jeder Art und Bettschirme und kleine Pulte, 
Bettdecken, deren Mittelstück ein farbenschillernder Pfau bildete, 
Alles dies durfte sich den Besuchern der Ausstellung, Lehre 
rinnen und Stickerinnen zur Belehrung und Nachahmung em 
pfehlen. Unsere gebildeten Frauen müsste es reizen, nicht die 
vollendete Technik allein nachzuahmen, sondern auch das freie 
Spiel mit phantastischen Formen in geistvoller, unserem Geschmack 
entsprechender Weise umzudichten, Haus und Zimmer nicht wie 
bisher mit Fabrikmustern, sondern mit Arbeiten zu beleben, 
denen etwas von ihrem eigenen Geist und Wesen eingebildet 
wäre. Nicht das sinnlos Barocke der chinesischen Formen, nur 
ihr freies, heiteres Formen - und Farbenspiel wollen wir zur 
Belebung unseres Hauslebens ihnen ablernen, um unser eigenes 
Leben zu bereichern, ohne unsere Eigenart daran zu geben. In 
seiner Kunst spricht sich die Innerlichkeit eines Volkes aus, und 
was uns in chinesischer Kunstarbeit zuerst als neu überrascht, 
erkennen wir bald als rein mechanische Wiederholung von Formen, 
die eben, weil ihre Bedeutung bereits abhanden kam, mit launi 
scher oder burlesker Willkür gehandhabt werden. Gerade das 
Gegentheil solchen Eindruckes ist es, den ästhetischer und ver 
ständiger Frauensinn seiner Umgebung verleihen soll, damit nicht 
Schablone und Modegeschmack, sondern Wunsch, Wille und 
Gemiith der Herrin des Hauses auch dessen Einwohner beein-
	        
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