XII
Bezirksvertretungen.
Bezirksvertretungen sind in Steiermark (Gesetz vom 14. Juni 18GG), Tirol (Gesetz
vom 29. November 1868), Böhmen (Gesetz vom 25. Juli 1864), Schlesien (Gesetz vom
15. November 1863), und Galizien (Gesetz vom 12. August 1866) zwischen die Gemein
den und den Landtag eingefügt, um alle inneren Angelegenheiten, welche die gemein
samen Interessen der Bezirke (der Gerichtsbezirke, in Süd-Tirol der politischen Bezirke,
in Schlesien der Wahlbezirke für die Landgemeinden) betreffen, wahrzunehmen. Sie sind
gebildet aus den Repräsentanten des grossen Grundbesitzes (Census 40—100 fl.), der
Höchstbesteuerten der Industrie und des Handels (Census 40—100 fl.), der Städte und
der Landgemeinden. Die Wahlperiode dauert drei (in Schlesien sechs) Jahre. Mit der
Verwaltung und Vollziehung ist der Bezirksausschuss betraut.
Gemeinde- und Municipal-Verfassung in den ungarischen Ländern.
In Ungarn und Siebenbürgen unterscheidet man zwischen Gemeinden (Städten mit
geregelten Magistraten, grossen und kleinen Gemeinden) und Municipien. Die Yer-
fassuug der ersteren gründet sich auf den XVIII. Gesetz-Artikel v. J. 1871, jene der
letzteren auf den XLII. Gesetz-Artikel v. J. 1870. Gemeindewähler ist jeder 20jährige
Gemeinde-Bewohner, der seit zwei Jahren eine Steuer zahlt; die grossjährigen Wald-
berechtigten und in den Städten die zur Reichstags-Abgeordnetenwahl befugten Personen
können zu Gemeinde-Vertretern gewählt werden. In jeder Gemeinde bestehen eine
Repräsentanz (gebildet zur einen Hälfte aus den auf sechs Jahre Gew ählten, zur andern
Hälfte aus den Ilöchsthcstcuerten) und ein Vorstand (in den Städten ein Magistrat),
dessen Mitglieder, mit Ausnahme der auf Lebenszeit ernannten Notare, in den Städten
von der Repräsentanz auf sechs, auf dem Lande von der Wähler-Communität auf drei
Jahre berufen werden. Als selbständige Municipien (Jurisdictionen, Gemeinden höherer
Ordnung) werden betrachtet: die Comitatc, die freien Districte, die Szekler Stühle, die
mit Municipalrecht bekleideten Städte (königi Freistädte) und der siebenbürgische Königs
boden. Diese Municipien üben das Selbstverwaltungsrecht in Bezug auf ihre eigenen
inneren Angelegenheiten aus, vermitteln die Staatsverwaltung und dürfen sich mit son
stigen Gegenständen von öffentlichem Interesse und sogar mit Landesangelegenheiten
beschäftigen. Jedes Municipium wird von einem Municipal-Ausschusse vertrete«, der zur
eiueu Hälfte aus denHöchstbestcuerten, zur andern aus Mitgliedern, die auf sechs Jahre
gewählt werden, zusammengesetzt ist. Das active und passive Wahlrecht besitzt jeder
Bewohner des Municipiums, der zur Reichstags-Deputirtenwahl berechtigt ist. ' Der
Munieipal-Ausschuss tritt, unter dem Vorsitze des Obergespans (Obercapitäns, Ober
königsrichters) in der General-Versammlung zusammen, in welcher auch die Beamten de3
Muuicipiums und die Bürgermeister der mit geregelten Magistraten versehenen Städte
Sitz (die oberen Beamten Sitz und Stimme) haben. Mit der Verwaltung ist der gewählte
Beamtenkörper (Municipal-Magistrat) betraut.
Auf dem siebenbürgischen Königsboden (fundus regius) oder in dem Sachsenlande
sind die Municipal- und Gemeinde-Einrichtungen durch das Statut vom 22. März 1869
provisorisch geregelt worden. Als Gesammtvertretung besteht hier die sächsische Nations-
Universität, an deren Spitze sich der Comes oder Graf der sächsischen Nation befindet;.
Sie ist aus 44 Abgeordneten der sächsischen Stühle, Districte und Städte, die von deren
Vertretungskörpern gewählt werden, zusammengesetzt, wobei Jeder, der das Gemeinde-
Wahlrecht besitzt, wählbar ist. Sie muss jährlich wenigstens einmal berufen werden und
die Abgeordneten sind jedesmal neu zu wählen. — In den auf dem Königsboden gelegenen
Stühlen und Districten bestehen Kreisrcrsammluugen, deren Mitglieder anf zwei Jahre