GRUPPE XIX,
Das bürgerliche Wohnhaus.
In der 18. Gruppe haben wir auf die technische und gewerbliche
Seite des Baugewerbes in Beziehung von Industrie und öffentlichen Bau
ten schon hingewiesen, ebenso auf die Privatbauten und das dabei ver
wendete Material. Es bleibt uns hier nur noch Eins zu erwähnen übrig.
Der steigende Reickthum Oesterreichs hat sowol in den Provinzen und
deren Hauptstädten, vor Allem aber in der Reichshauptstadt Wien eine
Baulust und Liebe zu Monumentalbauten, selbst für den Privatgebrauch,
erzeugt, von denen frühere Jahrzehnte keine Ahnung hatten. Unter der
Leitung ausgezeichneter Architekten haben sich alle auf das Baugewerbe
bezüglichen Erzeugnisse der Kunst und Industrie entwickelt. Die ausge
führten öffentlichen Bauten, wie das neue Opernhaus, das Stadttheater, das
akademische Gymnasium, mehrere Kirchen, insbesondere die Votivkirche, das
Kunst- und Industrie-Museum als äussere monumentale Gebäude, ebenso wie
die Thätigkeit des erwähnten Museums, waren die glückliche Veranlassung
auch für die Privatgebäude, wie sehr man bei der Theuerung des Grun
des, der Kostspieligkeit des Materials, der Höhe der Grundsteuer, den
Zinshausbau jedem anderen auch vorziehen muss, einen stylvollen Bau
nach Aussen und eine kunstvolle Ausschmückung im Innern anzustreben.
Es dürfte wol keine Stadt in Europa geben, wo das bürgerliche Wohn
haus mit solcher Pracht und so ungewohntem Luxus, welche den Glanz
der Patrizierbauten der deutschen und italienischen Städte früherer Jahr
hunderte wieder zu beleben sucht, ausgestattet ist.
Wenn wir die Neubauten, Umbauten und Zubauten verschiedener
Art nur in Wien allein beachten, so sehen wir, dass in den letzten acht
Jahren, bis zum Jahre 1870, 11G7 Neubauten, 210 Umbauten und 1922
Zubauten verschiedener Art durchgeführt wurden.
In der nächsten Umgebung Wiens, zumeist für den Landaufenthalt
berechnet, sind 291 Neubauten, 21 Umbauten und 288 Zubauten ausge
führt worden. In Wien aber bloss in dem genannten Jahre 187 Neubau-