ITALIENISCHE ORNAMENTE.
Sammlung seiner trefflichen schäkerhaften Zeichnungen. Bei der Thronbesteigung Ludwig’s XV., in 1715,
wurde der Kunststyl noch in einem hohem Grad “ rococo ” und “ barock ” als er es unter der frühem
Regierung gewesen war. Ungeachtet des Talentes der Künstler und trotz der schönen Beispiele, die man in den
Werken Soufflots fand, wurden die verdrehten und belaubten Schnörkel und Schnecken, welche vorher im
Gebrauch gewesen waren, zu “rocaille” und Grottenarbeiten, und arteten endlich in die Excentricitäten der
“Chinoiserie” aus. Doch erholte sich der Ornamentationsstyl unter Ludwig XVI. von diesem Zustande der
Entkräftung. Die Ornamente wurden wieder elegant, obgleich linearmässig, und glichen denen die Robert
Adams in England, besonders in seinen Bauten im Adelphi, in Anwendung brachte. Kurze Zeit vor der Re
volution übte das Genie dreier fähigen Männer einen sehr wohltliätigen Einfluss auf die industrielle Zeichen
kunst aus: nämlich Reisner, Ebenist, berühmt wegen seiner gediegenen eingelegten Arbeiten; Gouthier,
Kupfer-Ciselirer der Marie Antoinette; und Demontreuil, Holzbildner der königlichen Familie. Während der
Revolution war alles in Chaos aufgelöst, woraus jedoch eine neue Ordnung sich entwickelte, die auf ewig die
“Colifichets” der Monarchie abschwur und dem streng republikanischen Ernst huldigte, wie er sich in den
Werken des David darstellte. Als aber die Republik wieder dem Kaiserthum wich, ging auch die Mode von der
republikanischen strengen Nüchternheit zum prächtigen kaiserlichen Glanz über. Napoleon I. gab den besten
Feld zur eingelegten Arbeit Reisners, von Fay.
Fries-Styl, Louis Seize, von Fay.
Künstlern reichliche Beschäftigung, und der anmuthige, gelehrte, zugleich aber steife und kalte “ Style de
PEmpire” erlangte unter den talentreichen Händen der Künstler Percier, Fontaine, Normand, Fragonard,
Prudhon und Cavelier, die höchste Stufe der Vollendung. Während der Restauration ging die Antike ganz
aus der Mode und liess wieder Verwirrung hinter sich. Doch die hohen Fähigkeiten die dem Lande
eigenthümlich sind und welche durch zweckmässig angelegte und reichlich unterstützte Lehranstalten
schnell entwickelt wurden, gaben dem öffentlichen Interesse bald einen neuen Aufschwung, und es entstand
ein neuer Enthusiasmus und Wetteifer der etwas Archäologisches an sich hatte. Man beschäftigte sich
sorgfältig mit den Monumenten des Alterthums und der Renaissance, die man aufsuchte, restaunrte und
auf allen Seiten nachahmte. Aus diesem Bestreben und den damit verbundenen Studien entwickelten sich
im Lande gar bald Stylarten, die zwar das Gepräge ihres eklektischen Wesens an sich trugen, aber doch
der Originalität ganz nahe kamen.
Frankreich steht für jetzt unläugbar ohne Nebenbuhler im Felde der Ornamente aller Art, hinsichtlich
der Vertheilung sowohl als im Bezug auf die Durchführung derselben; doch macht seit einiger Zeit die
Kunst in England so schnelle vielversprechende Fortschritte, dass wir zur Hoffnung berechtigt sind, es
möge vielleicht einem künftigen Historiker schon in einigen Jahren vergönnt sein, die zwei alliirten 'S ölker,
wie billig, auf gleichen Fuss setzen zu dürfen.
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M. DIGBY MWATT.