92
XX.
Eingelegte und Mosaik-Arbeiten.
(Schmuckkasten und Cabinet' im Aufträge des allerhöchsten Hofes. — J. Schalhas. —
F. Schönthaler. — J. Leimer. — B. Ludwig. — V. Palhuber. — Wiesauer. — J. Schandl. —
H. Trinkl. — R. Kleihonz und Grund. — Ohrfandl. — Baron Löwenstern. — A. Klein.)
Von eingelegten Arbeiten sind solche mit Elfenbein, Holz, Metall
(Tauschirung und Boule), Stein und Leder auf der Ausstellung vertreten.
Schon diese Aufzählung gibt Zeugniss von dem Fortschritte, welchen die
Tischlerei der neuesten Aera gegen die vor wenigen Jahrzehnten genom
men hat; die Anwendung von Elfenbeineinlagen war etwas seltenes, Holz
intarsien durch das schlechteste Genre vertreten, welches in der Fläche
unmögliche Dinge darstellen wollte, Fernsichten, Perspectiven; Tauschi
rung ist seit Jahrhunderten schier erst neu angewendet worden, die Boule
technik aber ringt sich noch mühevoll aus dem Banne des Zopfes, dessen
Hätschelkind sie gewesen, los. Beinahe alle die genannten Arten von
Einlagen finden sich auf der Ausstellung an Objecten der Möbelschreinerei
vor, sie bilden deren zweite Gattung von Mitteln der Decoration, mit
denen sie malerisch wirkt, wie Schnitzerei und Drechslerei ihr zur Er
reichung plastischer Wirkungen als Gehilfen zur Seite stehen. Aus der
Natur der Sache folgt, dass die eingelegten Ornamente in der Fläche
gedacht sein müssen, ein Hauptgrundsatz des Styles, welchen wir an den
ausgestellten Arbeiten mit Befriedigung fast durchgehends verständig be
achtet erblicken. Nicht nur, dass die Darstellung von Architekturen etc.
seltener vorkömmt, man ist so weit, dass auch dem Ornament nicht
mehr scheinbare Körperlichkeit durch Schattenpartien und Modellirung in
der Zeichnung verliehen wird, wie die Barocke es, von den aufgemalten
Stuckoreliefs des Plafonds bis auf das kleinste Schnörkelornament in der
Vignette des Buchdruckers, eingeführt hatte; sondern es entstehen in der
Fläche für die Fläche ersonnene Compositionen, die nicht wie jene ba
rocken Schnörkel nur räumlich genommen eingelegt, für’s Auge aber wie
Reliefs hervorstehend sind, Entwürfe, bei deren Vollendung die Meister
der Gegenwart hauptsächlich bei den Italienern der Frührenaissance, auch
bei den deutschen Kleinmeistern in die Schule gingen.
Das Bedeutendste, was die Ausstellung im Fache der eingelegten
Arbeiten in Elfenbein enthält, sind die Verkleidungen der Schubfächer an
dem im Auftrag des Hofes gefertigten Schmuckkasten; nach Zeichnung
des Architekten Prof. Josef Storck gravirt von Schwerdtner und
Bader, der Elfenbeinschnitt von Panigl. Die Zeichnung der einzelnen
Felder hat die herrlichen Compositionen zu Vorbildern, welchen wir auf Al-
degrever’s kleinen Blättern begegnen und von diesem grossen Meister des
deutschen Cinquecento zur Benützung für das Kunsthandwerk, Intarsia
arbeiten, Goldschmiedverzierungen, Aetzungen und dergleichen erfunden
wurden.; Sie sind seit drei Jahrhunderten wohl zum ersten Male wieder an-