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Volltext: Die Ausstellung oesterreichischer Kunstgewerbe 4. November 1871 - 4. Februar 1872

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gewendet, jedoch nicht etwa copirt und abgeschrieben worden, sondern er 
scheinen hier in derjenigen Weise benützt, wie der geistvolle Künstler einer 
späteren Epoche allein vorgehen kann, der die Schätze der Vergangenheit 
verwerthen, dabei doch aber seine Selbstständigkeit beweisen will. Denn, um 
in den Rahmen des Ganzen zu stimmen, dessen Formen den reinsten 
Charakter der italienischen Renaissance besitzen, sind die Motive des alten 
deutschen Meisters mit ihrem eigentümlichen Reize bewahrt und dennoch 
in der Formengebung dem leichteren, zierlicheren Style des Südens näher 
gebracht. Ein ebenso grosser Vorzug des Werkes ist ferner, dass in der 
Schattengebung, in dem Hineingearbeiteten, in den Schraffirungen des 
Elfenbeines die Grenze eines strengen Masshaltens nicht überschritten, 
sondern diesbezüglich die Manier der Stiche Aldegrever’s genau befolgt 
wurde. Der ältere deutsche Kupferstich mit seinen wenigen und doch so 
wirksamen Mitteln schlichter Linienführung zeigte die Weise und das 
Mass für die Behandlung des Elfenbeins zu diesem Zweck. Wir heben 
das hervor, weil heute nicht selten — und auch die Ausstellung hat 
Beispiele davon — die Elfenbeineinlagen wie moderne Stahl- und Kupfer 
sticharbeiten in allzureicher, malerischer Manier schattirt und schraffirt 
zu werden pflegen, wodurch sie von einiger Distanz auch den Eindruck 
mit der Schere ausgeschnittener und auf das Ebenholz geklebter Stiche 
machen.’ — Die technische Ausführung gehört, gleichwie die des ganzen 
Schreines, zu dem exactesten der heutigen Technik und verdient den 
Preis einer musterhaften Leistung.\ 
Ganz gefällige eingelegte Arbeit in diesem Stoffe, figurale Scenen, 
Gruppen von Kindern und Ornamente, zeigt ferner ein im Atelier Schön- 
thaler gefertigter Schrank von schwarzem Holze. Wir befinden uns damit 
bei einem Ausstellungsgegenstand, von welchem das in dem Einleitungs 
artikel Gesagte gilt, wir sind leider nicht in der Lage den Künstler zu 
nennen. Die Zeichnung und der Schnitt sind rein und scharf, in der 
Schattengravirung höchstens etwas zu viel gethan. Das daselbst befind 
liche Notenpult hat dünne, stark geschweifte Ornamente von Elfenbein, 
eine saubere Arbeit, die wohl von derselben Hand herrühren mag. End 
lich ist ein Tisch mit schön eingelegter Platte zu erwähnen, ausgeführt 
vom Tischlermeister Josef Schalhas in Wien. Die Verzierungen sind 
etwas phantastisch, doch recht genau und nett ausgeführt. 
Die Holzintarsien zerfallen in figurale und ornamentale Compositio- 
nen, wenn es gestattet ist, zu dieser Gruppe überhaupt eingelegte Holz 
arbeiten, also auch jene Mobilien herbeizuziehen, welche nicht ganze 
Flächen in der Weise des Mosaiks von den Holzstückchen völlig incru- 
stirt haben, sondern nur an einzelnen Theilen in decorativer Weise damit 
verziert sind. Ganz eingelegt und mit figuralem Schmucke versehen ist 
nur ein Gegenstand, das schöne, betstuhlartige Hausaltärchen Vom Bild 
hauer Josef Leimer, welches auch durch die reizende, stylvolle Behand 
lung des gothischen Schnitzwerks und der Standbilder im Innern des
	        
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