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Volltext: Die Ausstellung oesterreichischer Kunstgewerbe 4. November 1871 - 4. Februar 1872

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F. Michel mit seinem Gehilfen J. Eder gefertigt. Die zierlichen Blatt 
ornamente heben sich von dem schwarzen Holze des Grundes in einem 
trüben Roth ab, dessen Ton im Verein mit dem dunkeln Fond die an 
genehmste Wirkung hervorbringt. Bis auf die Form der Wappen ist 
der Styl der besten Renaissance-Kunstwerke beibehalten, die satte Farbe 
dieses unteren und der Seitentheile bereitet das Auge in angenehmem 
Uebergange vom Schwarz des Grundes zu den oben angebrachten Elfen- 
beingravirungen vor. — Einfache geometrische Muster in wenigen Tönen 
sehen wir auf Möbeln von Vincenz Palhuber und aus dem Schönthaler- 
schen Atelier; der runde, für das Operntheater nach Entwurf von Franz 
Schönthaler durch Tischlermeister Glückselig ausgeführte Tisch ver 
einigt Einlagen von Holz, Elfenbein und Metall. 
Die Betrachtung der in bunten Hölzern ausgeführten Intarsien auf 
der Ausstellung gewährt ein eigenes Interesse. Wir haben da ein Gebiet, 
vor uns, welches noch gänzlich der Reform bedarf, auf längst überschrit 
tener Stufe steht, welches aber in der Art, wie es noch erhalten erscheint, 
die Möglichkeit eines Aufschwunges durchaus nicht unter die Unwahr 
scheinlichkeiten zu verweisen zwingt. Es sind nämlich offenbar von der 
Barocke her und durch dieses Medium somit auch aus den älteren 
besseren Zeiten noch sehr anerkennenswerthe Traditionen in der Technik 
geblieben und haben sich im Handwerk fortgefristet. Die Formgebung 
fiel freilich dem Zopf und Naturalismus anheim, daher begegnen uns nur 
Obst- und Blumenstücke mit allen Modellirungen und Schatten der Natur 
oder Schnörkelformen des 18. Jahrhunderts. Das 16. Jahrhundert schuf 
namentlich Trophäen, Musikinstrumente in bunter Intarsia, und wäre 
dergleichen, — wenn schon wir zugeben müssen, dass es zum Verfall 
hinüberleitete — doch ein besseres Vorbild noch als Schöpfungen der 
genannten Zeit. Die Gefahr bei der Anwendung buntfarbiger Holzein 
lagen ist eine zwiefache: entweder wird der Künstler verlockt, die male 
rischen Reize eines Tafelgemäldes nachahmen zu wollen oder die Körper 
lichkeit von Gegenständen der Natur; in beiden Fällen ein Stylfehler und 
bei grösster Mühe stets nur eine armselige Nachäffung. Nicht undenkbar 
aber ist es, dass rein ornamentale und nur in der Fläche wirkende Com- 
positionen auch in buntem Mosaik von edler Erscheinung sein könnten. 
Dem Gesagten zufolge finden wir uns nicht veranlasst, an dem 
Betschämel und Tisch vom Tischler Wiesauer in Gmunden die 
Mängel in Composition und Zeichnung zu berühren, sondern lediglich 
darauf Jainzuweisen, dass aus solchen Resten einer vormals bedeutend 
gewesenen Kunstindustrie und Kunsttechnik, die sich in den Provinzen 
noch häufiger erhalten haben und an solchen vom Hauptstrom der Mode 
wandelungen abgelegeneren Orten noch in jahrhundertalter Weise geübt 
werden, Anknüpfungspunkte für eine Regeneration geboten sind. Es sind 
noch lebendige Stämme da, die wir veredeln können, ohne neue Bäumchen 
pflanzen zu müssen. Niemand wird leugnen wollen, dass die Zinkeinlagen
	        
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