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XXI.
Photographie.
(Entwickelung der Photographie. — Portraitphotographie. — Landschaftsphotographie. —
Photographie von Industrieobjecten und Alterthümern. — Reproductionsphotographie. —
Anwendung der Photographie für Unterrichtszwecke. — Ursachen des Zurückbleibens hin
sichtlich der neueren Druckmethoden. — Pigmentdruck. — Staubfarbenbilder. Photoxy
lographie. — Pyrophotographie. — Photogalvanographie. — Photolithographie. — Lichtdruck.)
Als Arago in der Deputirtenkammer am 3. Juli 183g eine Skizze
der hohen Bedeutung gab, welche die Photographie für Wissenschaft und
Kunst nach seinem Ermessen erlangen könnte, als Gay-Lussac in dei
Pairskammer am 3o. Juli desselben Jahres den Anschauungen seines ge
lehrten Collegen vollkommen beipflichtete, mochte wohl manchen Hörer
ein Zweifel beschleichen. Wir erkennen nunmehr nach kaum 33 Jahren,
dass Arago mit wahrem Seherblicke die Dienste schilderte, welche das
jüngste Glied der graphischen Künste, nämlich die Photographie, allen
Zweigen menschlichen Wissens und Könnens zu leisten geeignet ist.
Die Photographie, der combinirten Benützung altbekannter chemischei
und physikalischer Erfahrungen entsprungen, hat mit reichlichen Zinsen
der Wissenschaft heimgezahlt, was sie ihr verdankt. Welchem Zweige dei
Wissenschaft und Kunst, welchem Zweige der Industrie hätte nicht die
Photographie bereits wesentliche Dienste erwiesen. Durch ihre Hilfe werden
Kunstdenkmale, Gemälde, Manuscripte mit sonst unerreichbarer Treue
wiedergegeben, Himmelskörper und die an ihnen sich vollziehenden Ver
änderungen mit nie geahnter Schärfe dargestellt) Bauten, Maschinen, Zeich
nungen in sicherer und vollendeter Weise und mit verhältnissmässig ge
ringem Aufwand von Zeit und Kosten reproducirt. Die Geologie, die Kai-
tographie, das Kriegswesen können in unseren Tagen der Mitwirkung des
Photographen sich nicht entschlagen. Doch auch den älteren Zweigen dei
graphischen Künste ist unser Fach dienstbar geworden, indem es möglich
wurde, das Bild der Camera auf Stein zu übertragen, dasselbe in Kupfer
und Stahl zu ätzen, oder als Type für den Buchdruck herzustellen, oder
auf Porcellan und Glas einzuschmelzen. Diese Aufzählung, welche noch
keine erschöpfende genannt werden kann, zeigt, welche Bedeutung unser
Fach in etwas mehr als drei Decennien erreicht hat, wie sehr selbes be
rechtigt. ist, auf einer kunstgewerblichen Ausstellung sich den älteren
Zweigen der graphischen Künste anzuschliessen.
Ueberblickt man die Beiträge, welche die Aussteller zu der photo
graphischen Abtheilung geliefert haben, so lässt sich in mehrfacher Rich
tung ein erfreulicher Fortschritt der Photographie in Oesterreich wahr
nehmen. Als Hauptmomente sind hervorzuheben:
i. Die grössere Sorgfalt, wir möchten eigentlich, richtiger sagen, der
künstlerische Sinn, welcher im Portraitfach hinsichtlich der Stellung, Be
leuchtung und Umgebung der zu portraitirenden Personen an den Tag tritt;