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Volltext: Die Ausstellung oesterreichischer Kunstgewerbe 4. November 1871 - 4. Februar 1872

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dort aufgestellten, ganz massgebenden Geschmacksregeln sich auch nur 
auf das Bild und seinen Rahmen beziehen wollen, welches einen Bestand- 
theil in der mannigfach wechselnden Ausstattung des Wohngemaches bildet. 
Hier ist es billig, dass der Wand und ihrer Decoration in der Frage über 
das Wie der allgemein angewendeten Stylform die erste Stimme zuge 
standen wird und so gut wie die Form der Möbel, der Gefässe, die Or 
namente der Drapirungen etc. auch die Verzierungen der Bilderrahmen 
sich diesem durch die Wandtapete entschiedenen allgemeinen Charakter 
unterordnen sollen. Wir werden es ganz vernünftig finden, in einem der 
artig decorirten, nach moderner Weise der Hauptsache nach zur italieni 
schen Renaissance gehörigen Wohngemache ein Gemälde der altdeutschen 
Schule und wieder ein spätes Cabinetsbildchen niederländischen Ursprungs 
in einer Umrahmung zu beherbergen, die im Geiste des 16. Jahrhunderts, 
im Style der italienischen Ornamentisten dieser Zeit, componirt ist, denn 
nichts wäre lächerlicher und gräulicher für den Anblick, als das erste in 
roth angestrichenem Leistenrahmen, das andere im barocken, überladenen 
Rahmen seiner Periode an Einer Wand schauen zu müssen, einer Wand, 
die selbst weder mit der einen noch mit der andern Stylrichtung in ihrer 
Decoration übereinstimmt. Die einheitliche Haltung des Ensemble ist 
hier die Hauptsache und ein historischer Purismus müsste zu Unsinn und 
Ungeschmack verführen. 
Aber es gibt noch andere Orte, wohin Bilder kommen, Räume, in 
denen nicht die Tapete und ihre Zeichnung, nicht ein reiches Ameuble 
ment die Hauptsache bildet und umgekehrt das Gemälde nicht ein blosser 
Theil einer Inneneinrichtung, sondern sein Hervortreten der alleinige 
Zweck ist: der eigentliche Bildersaal, die Gemäldegalerie. Hier ist die 
Wand mit einem neutralen Farbenton, mit einem bescheidenen Muster 
bedeckt, das überdies nur in schmalen unbedeutenden Flächen zwischen 
den Gemälden sichtbar wird; von einem Einfluss ihrer Decoration auf die 
der Rahmen kann hier keine Rede sein. Dennoch aber brauchen wir 
eine Norm für die Herstellung derselben, es muss auch da Grenzen geben, 
welche nicht überschritten werden dürfen, eine leitende Idee, durch deren 
Befolgung der Willkür in der Ausschmückung gesteuert, für die Gemälde 
aber eine vortheilhafte Wirkung ihrer Umgebung gewonnen würde. Im 
Allgemeinen gelten auch in diesem Falle jene Regeln, welche an ge 
nannter Stelle aufgezählt sind, auf die ich hier einfach verweise: wir 
werden die massenhafte, schreiende Wirkung des Goldes zu meiden haben, 
welche das feingestimmte Colorit erstickt und das harte, grelle noch un 
harmonischer macht; wir werden das Vorherrschen der Flächen an den 
Rahmen sehen wollen, nicht überkräftiges Relief; sie sollen die Gemälde 
nur abgrenzen, nicht aber durch fussbreite Goldwüsten die Malereien von 
der Wanddecoration oder unter einander wie Oasen scheiden etc. 
Darüber findet sich Alles gesagt, wie es auch an den Rahmen des 
Bildersaales seine Anwendung finden muss. Eine andere Frage ist die-
	        
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