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Volltext: Die Ausstellung oesterreichischer Kunstgewerbe 4. November 1871 - 4. Februar 1872

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jenige, welche hier den Styl der Rahmen anbelangt. In dem Falle liegt 
keine massgebende Wanddecoration vor, hier tritt Alles im Gemache vor 
den Gemälden zurück, die keine Ausstattungsobjecte sind wie im Wohn 
zimmer, hier haben nur sie entscheidende Stimme, und nach ihrem Styl, 
nach der Ornamentirungsweise ihres Zeitalters werden wir die Rahmen 
um so mehr schmücken können, als sie, in einzelne Schulen zusammen 
gereiht, ohnehin ja meist in besonderen Appartements vertheilt sind. 
Zu dieser Bemerkung hat uns der Umstand veranlasst, dass meh 
rere auf der Ausstellung befindliche Gemälderahmen durch ihr Arrange 
ment , die Schrifttafel mit einem Künstlernamen besonders, . sich als 
Rahmen für Galeriebilder kennzeichnen zu wollen scheinen, für Werke 
von i65o etwa, aber das Ornament der Florentiner Renaissance von 
l5 oo—i53o beiläufig tragen. Im Bildersaal zwingt uns kein Gesammt- 
habitus des Gemaches zu dem Anachronismus, einen späteren Künstler 
in das Ornament Sansovino’s oder Giovanm’s da Udine zu stecken, hier 
findet er sich mit anderen Genossen, für die eine gemeinsame Umrahmung 
zu finden wohl denkbar wäre. Man wende nicht ein, dass die heivor- 
ragendsten Sammelperioden ihre Gemälde aus allen Zeiten dennoch in 
ihrer, damals eben üblichen Weise umrahmten; sie durften das eher, sie 
besassen ja eine solche Weise, wir aber haben keinen eigenen Styl. 
Im Übrigen kommen sehr erfreuliche Leistungen auf diesem Gebiete 
in der Ausstellung vor, welche der Hauptsache nach doch schon erkennen 
lassen, dass die Grundregeln des Geschmackes und Styles leise Wurzel 
zu fassen beginnen. Jene kolossalen dicken Goldrahmen, in denen das 
Bild wie am Grunde eines tiefen Kraters liegt, finden sich nur wenig und 
da in gemildeterer Form. Es wird der Versuch gemacht, dem Durch 
schnittsprofil der Rahmenleisten eine edlere Contour zu geben, man fuhi i 
ihre Erhebung allmälig, nicht jäh aus der Wandfläche heraus und zum 
Bilde wieder hinab, vermeidet das scharf Herausspringende und zieht die 
Entwicklung in der Fläche vor. Man bedient sich auch der Malerei, wie 
die alten Meister pflegten, um die so gewonnenen Flächen zu deconren 
und geht endlich auf die Ebenholzrahmen des 16. Jahrhunderts immer 
häufiger zurück. In dem »Renaissancezimmer« von F. Schmidt & Sugg 
sehen wir schmale Rahmen von braunem Holz mit Eckbeschlägen von 
weissem Metall, was im Ganzen mehr an die Verzierung von Kasten un 
Truhen oder Thüren aus jener Zeit erinnert. Es ist Überhaupt auffallend, 
dass die deutschen Renaissancemotive wie in allem und jedem auch für 
Bilderrahmen Übersehen werden, dieser unversiegbare Schatz geistvol ei 
Erfindungen, welche unserer Natur als Nachkommen der deutschen Meister 
von .520, 153o so ganz angeschaffen sein müssten, hätten wir nicht auch 
in der Kunst längst jede fremde Mittelmässigkeit Über des Vaterlandes 
beste Gaben zu stellen uns gewöhnt. Man sehe doch, was für einen 
Rahmen sich Dürer für sein Dreifaltigkeitsbild compomrt hat, oder beob 
achte auch die mannigfaltigen, für derlei Zwecke verwendbaren Motive
	        
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