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Volltext: Die Ausstellung oesterreichischer Kunstgewerbe 4. November 1871 - 4. Februar 1872

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werthes junges Talent, erwählt und in der Umrahmung von RÖssner’s 
Faust-Relief angewendet. Die liebevolle Beachtung der alten Werke dieser 
Richtung im Vereine mit sorgsamer Ausführung macht einen sehi guten 
Eindruck. Ein kleiner, quadratischer Rahmen zu einem Medaillon - Relief 
von H. Trinkl ahmt eine spätere nüchternere Epoche nach und ist gleich 
falls in architektonischem Aufbau componirt. 
Zum Schlüsse erfordert die Eigentümlichkeit des Genres, insbeson 
dere von den Spiegelrahmen zu sprechen, deren keine geringe Anzahl in 
den Räumen der Ausstellung anzutreffen sind. Gilt allerdings auch von 
dem Spiegelrahmen in Hinsicht auf sein Verhältnis zur Wanddecoration 
dasselbe, was über die Bilderrahmen in dem mehrerwähnten Aufsatze be 
merkt worden ist, soll sich derselbe deshalb nicht in Contrast zu deren 
Styl und Farbe stellen, so walten ganz verschiedene Verhältnisse ob, was 
seinen Bezug zu der eingerahmten Fläche betrifft. Hier hegt nichts vor, 
dessen Eigentümlichkeit durch den Glanz und Farbenschimmer des Rah 
mens beeinflusst, verändert, in seiner eigenen Wirkung gestört werden 
könnte, wie die harmonische Stimmung des Colorites im Gemälde leidet 
durch den Schimmer einer goldstrotzenden Einfassung. Jeder Reflex der 
wirklichen Farbe des Rahmens sowie jeder optische Eindruck derselben 
prallt ab, zerstiebt im Augenblicke vor der spiegelnden unzugänglichen 
Glasfläche. Dagegen ist es hier nötiger, die eingerahmte Fläche kräftiger, 
auffallend abzusondern von der umgebenden Wand , denn ihre Leere 
müsste sozusagen ein Loch machen, leitete nicht eine breitere Umiahmung 
allmälig zu ihr , das, Auge vorbereitend, über. Dazu kommt ferner noch 
Zweck und Bedeutung des Gegenstandes, welche keine ernsten sind und 
daher mit der hohen Würde eines Kunstwerkes, des Gemäldes, nichts ge 
mein haben. Wollen wir den Spiegel aber einigermassen künstlerisch be 
handeln, insoweit als der leichtere Charakter des Objectes es gestattet, so 
haben wir keinen andern Platz für den decorativen Ausdruck der künst 
lerischen Idee als auf dem Rahmen. Es folgt daraus, dass derselbe für 
den Künstler der allein wichtige Theil am Spiegel ist, weil eben der ihm 
allein zugängliche, dass in ganz anderer Weise als beim Bildrahmen, wo 
die Umfassung der dienend untergeordnete Theil ist, dieselbe hier der 
herrschende, der alleinige Schauplatz der künstlerischen Thätigkeit ist und 
ihm soweit die Superiorität über die Spiegelplatte gebührt, die nur als 
Product einer mechanischen Arbeit erscheint. 
Der Spiegel dient den am wenigsten philosophischen Aeusserungen un 
seres Culturlebens. Die Lust am Selbstbewundern, Putzen und Schmücken 
hat ihn erfunden, den Stempel dieses Dienstes soll er tragen, wenn wir ihn 
künstlerisch zieren wollen. So haben alle Zeiten gedacht. Das Mittelalter fasste 
ihn in kostbares Elfenbein und schnitt amorose Abenteuer, Erstürmungen von 
Minneburgen, Kämpfe mit Rosengeschossen, Phyllis auf dem Aristoteles rei 
tend etc. hinein; die Renaissance schloss ihn in Edelsteine, Perlen, Gold und 
Emailgehäuse ein und die Barocke stellte auf dem krönenden Abschluss oben
	        
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