MAK

Volltext: Die Ausstellung oesterreichischer Kunstgewerbe 4. November 1871 - 4. Februar 1872

so dass der Teppich, indem die einzelnen Felder in verschiedenen Farben 
wechseln, wie ein Schachbrett oder in ähnlicher Gestaltung erscheint. 
Das darf die Steinmosaik mit ihrem ungefügeren Material sich erlauben, 
der Teppich muss das vermeiden. 
Sollen wir Einzelnes unter den ausgestellten Teppichen zur Erinne 
rung herausheben, so nennen wir den persischen Teppich im Saale I mit 
der nachtblauen Bordüre und dem rothen Grunde als das schönste Stück 
und den Teppich in Smyrnaer Art für den Grafen Henckel von Donners- 
marck im Saale IV als den grössten Teppich in seinem Genre, der wohl 
je in einem Stück gewebt worden. Seine Länge beträgt 43, seine Breite 
29 Schuh. Eine unglückliche Idee ist es wohl, dass der Besteller sein 
Wappen hat in den vier Ecken anbringen lassen; die vier Flecke stören 
die ornamentale Harmonie und ein Wappen auf dem Fussboden ange 
bracht, ist ausserdem gänzlich unheraldisch, da man ein Wappen nicht 
mit Füssen tritt. 
Man sollte erwarten, dass wenn die orientalische Richtung mit solcher 
Entschiedenheit bei den Fussteppichen auftritt, etwas Aehnliches auch 
bei jenen Geweben der Fall sein müsste, die zur Bekleidung der 
Wand oder sonst wie zur Zimmerdecoration dienen, zumal bei den Vor 
hang- und Möbelstoffen. Das ist aber nicht der Fall. Allerdings gibt es auch 
hier vielfach orientalische Motive verwerthet, aber der orientalische Styl 
ist nicht der Styl, nicht die eigentliche, herrschende Ornamentations- 
weise für dieses Gebiet oder diese Gruppe von Geweben. Es macht sich 
hier vielmehr als diejenige, welche die moderne Reform vertritt, eine vierte 
Richtung geltend, welche wir ganz allgemeinhin als die stylisirte be 
zeichnen können, d. h. regelmässig gezeichnete und regelmässig geordnete 
Ornamente, deren Motive grösstentheils der Natur entlehnt sind, obwohl 
sie ihr in ihrer gegenwärtigen Gestaltung mehr oder minder fern stehen. 
In solcher Auffassung lässt diese stylisirende Richtung eine grosse 
Mannigfaltigkeit zu; sie lehnt sich an Motive der Flächenornamentation 
des Mittelalters und der Renaissance an und lässt neuen Erfindungen den 
grössten Spielraum; sie dient der einfachsten Art der Ornamentation, 
nur mit zwei Tönen derselben Farbe, ja in der damastartigen Weberei 
nur mit einem und demselben Ton , und sie lässt sich 'hinaufführen zu 
den reichsten Compositionen in der Zeichnung und zu den prachtvollsten 
Farbeneffecten. Ihr gewöhnliches Material ist Seide oder Wolle, oder beide 
verbunden. 
Diese verschiedenen, mannigfaltigen Arten, wie sie heute für den bes 
seren Geschmack an der Tagesordnung stehen, sind ganz gut auf unserer 
Ausstellung vertreten, obwohl auch nur wenige Firmen, diese aber bedeu 
tend, erschienen sind. Unter ihnen steht das Etablissement von Ph. Haas 
& Söhne wieder oben an. Seine zahlreichen Muster steigen vom be 
scheidensten zum reichsten Effect, von der einfachsten zur complicir- 
testen Zeichnung auf und entsprechen so jedem decorativen Bedürfniss,
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.