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werden könnten, hat nicht diese selber, sondern die gezeichneten Original
muster nebst Blumenstudien ausgestellt, wohl um davon eine Idee zu
geben, dass sie es mit der technisch-künstlerischen Seite sehr ernst nimmt.
Und von diesem Standpunkte aus bleibt ihre Ausstellung interessant und
anerkennenswerth, obwohl sonst der französisch-bunte und naturalistische
Charakter auf eigentlichen Geschmack keinen Anspruch erheben lässt.
Der gleichen Richtung, nur auf anderem Gebiete, folgen die Zitze und
Cretone der Neunkirchner Fabrik. Wir sehen unter ihnen zahlreich die
bunten Blumen auf grauem Grund, die gestreiften Stoffe mit Blumen in
den Streifen, auch watteauartige Ornamente mit Figürchen dazwischen,
kurz alles, was die heutige französische Kunst dieser Art charakterisirt.
Sehr wenig Beispiele aber gehören der neuen orientalischen Richtung in
indischem und persischem Style an, wie sie auf den Cretonen seit etwa
zwei bis drei Jahren Boden gewinnt.
Eine vierte Gruppe von Geweben, die wir zu besprechen haben,
sind die Tischdecken. Auch hier sind die Aussteller Ph. Haas & Söhne
und Giani. hür die Tischdecken gilt im Allgemeinen dasjenige, was von
den Vorhang- und Möbelstoffen im Gegensatz zu den Fussteppichen ge
sagt worden. Ihre Ornamentation ist mehr im Allgemeinen eine styli-
sirte, als eine bestimmt orientalisirende wie bei den Teppichen. Doch
wird auch diese letzte Richtung bereits eingeschlagen und einige Tisch
decken orientalisirender Art vorzugsweise nach indischen Mustern, deren
Arrangement unserer modernen Weise sehr entspricht, gehören zu den
schönsten Arbeiten in der Exposition von Haas. Zu ihnen haben alte
Stickereien, die in der Sammlung des Oesterr. Museums vorhanden sind,
die Motive gegeben. Dasselbe ist der Fall mit einigen ausgezeichnet ge
lungenen Decken nach Renaissancemustern sowohl bei Haas (besonders
die Decke im Herrenzimmer) wie bei Giani. Die übrigen Decken, bei
denen der Blumennaturalismus ganz verdrängt ist, suchen auf Grundlage der
Gestalt der Decke ein künstlerisches Arrangement zu bilden und dahinein
die Ornamente zu legen und zu vertheilen. Hierbei hat sich der Künstler,
wie manche Beispiele lehren, vor dem Geometrisch-Schematischen und
vor architektonischer Steife zu hüten. Dieser Art stylisirter Deckenorna-
mentation gehören die Zeichnungen von W. Sodoma an, ohne dass wir
den erwähnten Fehler darauf beziehen wollen.
Zum Fünften haben wir die leinenen Damastgewebe zu besprechen,
welche die Fabrik von Küfferle vertritt. Das Hauptstück seiner Aus
stellung ist das grosse Tafeltuch für die Hoftafel mit rother Bordüre.
Dieses Stück (sowie einige andere kleinere in der Exposition) ist aus dem
Gesichtspunkt geschaffen, den wir hier betonen wollen. Die gewöhnliche
Damast-Ornamentation auf Leinwand, weiss in weiss, ist zu wirkungslos;
die Tafel verlangt ebenfalls Farbe oder farbiges Ornament und insbeson
dere einen Uebergang von der weissen Oberfläche der Tafel zu ihrer
dunklen Umgebung, die jetzt unvermittelt aneinander stossen. Das Be*
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