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dürfniss nach Farbe ist hier schon länger gefühlt und verschiedentlich
versucht ihm abzuhelfen; allein die Versuche sind auf Widerstand ge-
stossen theils im herrschenden Geschmack, theils aber auch in der Tech
nik, was wir hier nicht näher erörtern können. In diesem grossen Tafel
tuch ist mit Entschiedenheit ein neuer Weg eingeschlagen und wir hoffen,
dass dieser Versuch nicht vergebens gemacht worden. Beide Langseiten
haben eine breite rothe Bordüre in prachtvoller Zeichnung (entworfen
von Storck) erhalten, die beim Gebrauch von der Tafel herabfällt. Die
Schmalseiten sind unverziert geblieben, aus technischen Gründen, weil
sonst durch das Zusammentreffen der farbigen Fäden die Ecken einen
tieferen, abweichenden Ton erhalten.
Diese Umgehung der Schwierigkeit durch Weglassen der Ornamen-
tation auf den Schmalseiten mag man sich bei einem sehr langen Tafel
tuch gefallen lassen, — wie aber bei kleinerer, quadratischer oder gar
runder Tafel? In diesem Fall ist das Verfahren unzulässig und es muss
statt seiner die Ornamentation mit farbigen Querstreifen eingeführt werden,
welcher der Technik entspricht und auf alten Tischtüchern des i5. und
16. Jahrhunderts geübt worden ist. Auch die Tabarzer Gewebe folgen
demselben Princip. Ein richtiger Versuch wird die Ueberzeugung geben,
dass auch die ästhetische Wirkung vollkommen gut ist. Was vom Tisch
tuch, dem dominirenden, gilt, das hat natürlich auch von den Neben
stücken, den Servietten, zu gelten. Wir lenken ausdrücklich die Auf
merksamkeit der Fabrikanten auf diesen Punkt. Wir meinen aber, das
fügen wir hinzu, mit Farbe hier nicht eine Weberei grau in grau, wie
man sie zu Kunstdamasten, selbst mit historischen Bildern, verwendet
findet, sondern vor allem Roth und Blau, zugleich als Farben, die vor
zugsweise waschbeständig sind.
An dieser Stelle gedenken wir auch der weissen Piquedecken von
Wassertrilling. Sie zeigen wenigstens den Versuch, auch im undank
baren Material stylisirte Zeichnung zu verwenden. Sollte auch hier nicht
die Farbe zulässig sein?^
Schliesslich geschehe der Shawls von Hlawatsch & Isbary sowie
der von Thieben Erwähnung, die ein in seiner künstlerischen Weise
vollkommen abgeschlossenes und allgemein bekanntes Genre in einer
höchst ausgezeichneten Weise vertreten. Es ist eine Specialität, dessen
Kunstweise, wie viele Versuche beweisen, man nicht verlassen darf, ohne
auf Abwege zu gerathen.
F.